Der EuGH bewegt sich: Keine Ausschreibung kommunaler Kooperationen nach dem Urteil „Stadtreinigung Hamburg“

Titeldaten
  • Portz, Norbert
  • VergabeR - Vergaberecht
  • Heft 5/2009
    S.702-711
Zusätzliche Informationen:
Aufsatz

§ 99 GWB

EuGH, Urteil vom 09.06.2009 - C-480/06

Abstract
Kommunen können ihre im allgemeinen Interesse liegenden Aufgaben mit ihren eigenen Mitteln und auch in Zusammenarbeit mit anderen Kommunen und öffentlichen Einrichtungen erfüllen, ohne gezwungen zu sein, sich an externe Einrichtungen zu wenden bzw. die Leistungen in einem Vergabeverfahren zu beschaffen. So entschied der EuGH in seinem Urteil durch die Große Kammer vom 9.6.2009, C-480/06 – bezogen auf die Müllentsorgung mehrerer Landkreise, welche mit der Stadtreinigung Hamburg, einer Anstalt öffentlichen Rechts, ohne Vergabeverfahren einen entsprechenden Entsorgungsvertrag abschlossen - und verwarf damit die Schlussanträge des Generalanwalts, welcher für eine Vergabepflicht votiert hatte. Der Verfasser analysiert diese Entscheidung, prüft mögliche Auswirkungen auf die Rechtsprechung nationaler Vergabesenate bezogen auf die interkommunale Zusammenarbeit und setzt das Urteil in Bezug zu vorangegangenen EuGH-Entscheidungen. Er arbeitet heraus, welche Besonderheiten vorliegen müssen, um diese Entscheidung auf andere interkommunale Sachverhalte übertragen zu können und warnt davor, dieses Urteil als „vergaberechtlichen Freibrief“ anzusehen, insbesondere für einseitig erfolgende Beauftragungen einer Kommune gegenüber einer anderen Kommune mit zu erbringenden Leistungen im Sinne einer Wirtschaftsteilnahme am Wettbewerbsmarkt. Das EuGH-Urteil sei jedoch aus kommunaler Sicht begrüßenswert, da bei interkommunalen Kooperationen, bei denen der staatliche Bereich gerade nicht verlassen werde, einer nicht gewollten Zwangsliberalisierung öffentlicher Aufgaben entgegengewirkt werde.[Christine Wienholz, forum vergabe e.V.]