Nachhaltige Beschaffung

Titeldaten
  • Müller-Wrede, Malte
  • VergabeR - Vergaberecht
  • Heft 3/2012
    S.416-425
Zusätzliche Informationen:
Aufsatz

§ 97 Abs. 4 Satz 2 GWB

EuGH, Urt. v. 10.05.2012 in der Rs. C - 368/10 - "Max Havelaar"

Abstract
Als oberstes Prinzip des europäischen Vergaberechts wird das Wirtschaftlichkeitsprinzip immer mehr durch das Prinzip der nachhaltigen Beschaffung oder – im neuesten Kommissions-Sprech – der strategischen Beschaffung verdrängt. Darunter ist zu verstehen, dass neben wirtschaftlichen Aspekten auch soziale, umweltbezogene und innovative Aspekte bei der Vergabe öffentlicher Aufträge angemessen zu berücksichtigen sind. Der Autor zeigt auf, dass das seit der Vergaberechtsreform in § 97 Abs. 4 Satz 2 GWB verankerte Prinzip der nachhaltigen Beschaffung mittlerweile zwar unumstritten ist, dessen Umsetzung im Rahmen der Abwicklung von Vergabeverfahren für den Praktiker aber eine Fülle von Fragen und Schwierigkeiten aufwirft. Ausgehend von einer übersichtlichen Darstellung der EuGH-Rechtsprechung zur Einbeziehung sozialer und umweltbezogener Aspekte in den Beschaffungsprozess stellt der Autor heraus, dass nachhaltige Beschaffung im Kontext eines Vergabeverfahrens auf fünf Ebenen praktiziert werden kann: Bereits bei der Bestimmung des Auftragsgegenstandes, sodann bei der Leistungsbeschreibung, der Bieterauswahl und der Zuschlagserteilung und schließlich durch Ausführungsbedingungen, die dem Auftragnehmer im Vertrag für die Leistungserbringung vorgegeben werden. Anhand einer Fülle von praktischen Beispielen wird der zur Verfügung stehende "Instrumentenkasten" für eine nachhaltige Beschaffung veranschaulicht. Die Vorgabe bestimmter Gütezeichen und -siegel kann ebenfalls als Mittel einer nachhaltigen Beschaffung eingesetzt werden, sofern dies nicht zu einer Diskriminierung von Bietern führt, deren Produkte das Gütezeichen zwar nicht aufweisen, die aber unter gleichwertigen Anforderungen hergestellt wurden. Die jüngst ergangene Entscheidung des EuGH hinsichtlich der niederländischen Gütezeichen "EKO" und "Max Havelaar" (EuGH, Urt. v. 10. Mai 2012 in der Rs. C – 368/10 – "Max Havelaar") hat insoweit die vom Autor erhoffte Rechtsklarheit herbeigeführt.
Dr. Klaus Heuvels , CMS Hasche Sigle , Frankfurt am Main