Titeldaten
- Hettich, Lars
- NZBau - Neue Zeitschrift für Bau- und Vergaberecht
-
Heft 4/2018
S.197-199
Zusätzliche Informationen:
Aufsatz
Abstract
Der Autor bespricht die Entscheidung des EuGH vom 13.07.17 – C-76/16 zum Bestimmungsrecht des Auftraggebers bei der Festlegung von Eignungsanforderungen sowie zur Ersetzungsbefugnis der Bieter für ihre Nachweise zur wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit. Der Autor sieht durch die Entscheidung des EuGH den weiten gemeinschaftsrechtlichen Ermessensspielraum des Auftraggebers in Bezug auf sein Bestimmungsrecht bestätigt. Die Eignungskriterien müssen mit dem Auftragsgegenstand lediglich in Verbindung und zu diesem in einem angemessenen Verhältnis stehen. In Bezug auf die Ersetzungsregelung in § 45 Abs. 4 VgV, § 6a EU Nr. 2 VOB/A stelle der EuGH klar, dass es sich um eine restriktiv auszulegende Härtefallregelung handele, die voraussetze, dass es dem teilnehmenden Unternehmen „objektiv unmöglich“ ist, den vom Auftraggeber geforderten Nachweis zu erbringen. Durch seine Entscheidung schaffe der EuGH Rechtssicherheit und trete der in der deutschen Vergabepraxis teilweise vertretenen bzw. ausufernden Rechtsauffassung entgegen. Der Autor ist allerdings der Auffassung, der EuGH hätte im zugrundeliegenden Fall seine Aussage dahingehend präzisieren müssen, dass der fragliche Bieter den geforderten Nachweis aufgrund „allgemeiner Umstände, welche von ihm nicht beeinflussbar waren“, nicht erhalten konnte. Ferner stellt der Autor klar, dass die Entscheidung des EuGH ausschließlich für die wirtschaftlichen und finanziellen und insbesondere nicht für die beruflichen und technischen Eignungsanforderungen gilt. Letztere müssten zwingend dem abschließenden Katalog des § 46 Abs. 3 VgV, § 6a EU Nr. 3 VOB/A entsprechen. Ein Ermessensspielraum des öffentlichen Auftraggebers und eine Ersetzungsbefugnis bestünden hier nicht. In seinem Fazit begrüßt der Autor ausdrücklich die Entscheidung des EuGH, da die Entscheidung klarstelle, was unter dem Begriff „berechtigter“ bzw. „stichhaltiger Grund“ i.S.v § 45 Abs. 4 VgV, § 6a EU Nr. 2 VOB/A zu verstehen sei. Indem nur objektiv unmögliche Nachweise die Vorlage alternativer Belege legitimieren, würden zugleich die Anforderungen an die zweistufige Darlegungs- und Beweispflicht der sich auf die Ersetzungsbefugnis berufenden Unternehmen steigen.
Aline Fritz, FPS Fritze Wicke Seelig Partnerschaftsgesellschaft von Rechtsanwälten, Berlin