Titeldaten
- Hartmann, Felix
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Heft 3/2023
S.510-560
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Aufsatz
Abstract
Der Autor untersucht im Hinblick auf das Vorhaben der aktuellen Bundesregierung, ein Bundestariftreuegesetz zu schaffen, unions- und verfassungsrechtliche Fragen im Zusammenhang mit Tariftreueanforderungen. Der Beitrag beleuchtet zunächst kurz verschiedene Erscheinungsformen der Tariftreue (v.a. deklaratorische und konstitutive bzw. vergabespezifische Anforderungen). Weiter werden gesetzgeberische Ausgestaltungsmöglichkeiten unter Verweis auf die Landesgesetzgebung vorgestellt. Der Verfasser diskutiert dann unionsrechtliche Vorgaben für Tariftreueanforderungen. Er nimmt insbesondere die Rüffert- und neuere Rechtsprechung wie die RegioPost-Entscheidung sowie Auswirkungen der reformierten Entsenderichtlinie und der Mindestlohnrichtlinie in den Blick. Der Autor kommt zu dem Schluss, dass eine konstitutive Tariftreueanforderung nicht mit der Entsenderichtlinie vereinbar sei und gegen die Dienstleistungsfreiheit gem. Art. 56 AEUV verstieße. Als maßgebliche verfassungsrechtliche Grenzen im nationalen Recht hebt der Autor anschließend die Grundrechte der Arbeitsvertragsfreiheit und der (positiven und negativen) Koalitionsfreiheit sowie das Demokratieprinzip hervor. Er resümiert, dass konstitutive Tariftreueregelungen die Arbeitsvertragsfreiheit von Bietern und deren Beschäftigten verletzten, da der Grundrechtseingriff nicht zu rechtfertigen sei. Die positive und – sofern man einen Schutz vor der Geltung nicht mitgliedschaftlich legitimierter Tarifverträge annimmt – auch negative Koalitionsfreiheit sieht der Autor ebenfalls als verletzt an. Ferner sieht er konstitutive Tariftreueregelungen in ihrer bisherigen Form als dynamische Gesetzesverweisung auf Tarifverträge als unvereinbar mit dem Demokratieprinzip an. Zuletzt zeigt der Verfasser einige Möglichkeiten für den Gesetzgeber auf, den rechtlichen Bedenken entgegenzutreten.
Elisa Steinhöfel, BLOMSTEIN, Berlin