Die Rechtsprechung des EuGH auf dem Gebiet des Vergaberechts in den Jahren 2023/2024

Titeldaten
  • Gabriel, Marc; Schulz, Andreas
  • EWS - Europäisches Wirtschafts- und Steuerrecht
  • Heft 1/2025
    S.1-12
Zusätzliche Informationen:
Aufsatz

Abstract
Die Autoren fassen in ihrem Aufsatz die Rechtsprechung des EuGHs in den Jahren 2023/2024 zusammen. Einleitend beschreiben sie eine abnehmende Anzahl der gerichtlichen Fallzahlen und dass Gegenstand dieser Verfahren ausschließlich Vorabentscheidungsersuchen nationaler Gerichte gewesen seien. Die Autoren stellen die ergangenen elf Urteile vor und berichten u.a. über:
- ein Vorabentscheidungsverfahren vor dem EuGH, welches zum Ergebnis gelangte, dass nur Wirtschaftsteilnehmern aus Drittstaaten ein Recht auf nicht ungünstigere Behandlung beanspruchen können, wenn die Union ein entsprechendes Beschaffungsübereinkommen geschlossen hat. Ist dies nicht der Fall, so der EuGH, ist es Sache des öffentlichen Auftraggebers, Wirtschaftsteilnehmer zuzulassen oder nicht zuzulassen oder eine Bewertungsanpassung vorzunehmen;
- ein Vorabentscheidungsverfahren vor dem EuGH, demnach die Änderung (d.h. Verlängerung) vertraglich festgelegter Ausführungsfristen eine wesentliche Vertragsänderung darstellt;
- ein Vorabentscheidungsverfahren vor dem EuGH, welches sich zur Frage äußerte, welche Schadensfälle Art. 2 Abs. 1 c) Rechtsmittelrechtlinie zum Vergaberecht umfasse. In jedem Fall, so der EuGH, unterscheide die Rechtsmittelrichtlinie nicht zwischen verschiedenen Schadenskategorien. Auch der Verlust der Chance, einen Zuschlag zu erhalten, sei somit ein ersatzfähiger Schaden. Die aus slowakischem Recht folgende Ersatzfähigkeit des Schadens nur bei einem hohen Maß an Wahrscheinlichkeit des Gewinneintritts sei somit vor dem unionsrechtlichen Effektivitätsgrundsatz eine unzumutbar hohe Darlegungs- und Beweislast;
- ein Vorabentscheidungsverfahren vor dem EuGH, wonach der zwingende Ausschluss einer Bietergemeinschaft aufgrund einer Änderung ihres Mitgliederbestandes mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz unvereinbar ist, jedenfalls, soweit die übrigen Mitglieder die Anforderung für die Teilnahem weiterhin erfüllen und die weitere Teilnahme nicht den Wettbewerb beeinträchtigt;
- ein Vorabentscheidungsverfahren vor dem EuGH, dass sich mit der Begründungspflicht des Auftraggebers bei der Anwendung fakultativer Ausschlussgründe befasste. Der EuGH folgert aus dem Grundsatz der „guten Verwaltung“ ebenjene, damit sich Bieter in Kenntnis aller Umstände entscheiden können, ob sie gegen die Entscheidung gerichtlich vorgehen möchten.
Julius Reinhold, kbk Rechtsanwälte, Hannover