Ausschreibungsverzicht und Europäische Grundfreiheiten - Das Vergaberecht in der (Wirtschafts-)Krise

Titeldaten
  • Kühling, Jürgen; Huerkamp, Florian
  • NVWZ - Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht
  • Heft 6/2009
    S.557-562
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Aufsatz

Abstract
Die Verfasser untersuchen, ob die Wertgrenzenregelungen für die freihändige und beschränkte Vergabe von Aufträgen im Rahmen des Konjunkturpakets europäische Grundfreiheiten verletzen. Zunächst arbeiten sie heraus, dass gerade bei Bauaufträgen auch im Unterschwellenbereich eine Binnenmarktrelevanz gegeben ist. Durch die mangelnde Transparenz der freihändigen Vergabe und der beschränkten Ausschreibung komme ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot, mithin eine Verletzung von europäische Grundfreiheiten (Art. 43, Art 49 EGV), in Betracht. Sodann untersuchen die Verfasser, ob das Merkmal der Dringlichkeit ein gemeinschaftrechtlich legitimes Ziel für die Rechtfertigung dieses Eingriffs seien kann. Dabei kritisieren sie, dass die Bundesregierung und auch die Europäische Kommission das Merkmal der Dringlichkeit nicht konkret betriebswirtschaftlich, sondern volkswirtschaftlich definieren. Die volkswirtschaftliche Dringlichkeit sei nach der Rechtsprechung des EuGH jedoch kein zulässiger Rechtfertigungsgrund für einen Eingriff. Auch aus den Vergaberichtlinien ergebe sich kein entsprechender Wertungsansatz. Auch hier sei die Dringlichkeit an den konkreten Auftrag geknüpft. Daneben gehen sie der Frage nach er ob der Eingriff in die Grundfreiheiten überhaupt verhältnismäßig wäre. Dabei zeigen sie auf, dass schon die Geeignetheit der Maßnahmen (Bekämpfung der Wirtschaftskrise) nur sehr schwer zu begründen und zu belegen sei.
[Robert Thiele, forum vergabe e.V.]