Mögliche Tendenzen der nationalen Rechtsprechung zum Vergaberecht

Titeldaten
  • Gröning, Jochem
  • VergabeR - Vergaberecht
  • Heft 5/2010
    S.762-771
Zusätzliche Informationen:
Aufsatz

§ 311 Abs. 2 BGB, § 241 Abs. 2 BGB, § 280 Abs. 1 BGB

Abstract
Der Verfasser zeichnet die dogmatischen Grundlinien der Rechtsprechung des X. Zivilsenats des BGH zum Sekundärrechtsschutz im Vergaberecht nach und prüft dabei, ob Anlass zu einer Fortbildung dieser Grundlinien besteht. Zunächst stellt er den Regelungsrahmen für die Haftung der Auftraggebers nach §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB dar und zeigt auf, dass im Gegensatz zum Institut der cic kein Vertrauenstatbestand mehr vorhanden sei. Sodann stellt er den Zusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden dar und untersucht welche Pflichtverletzungen potenziell haftungsbegründend sein können. Anschließend beleuchtet er die Frage, wer zum Kreis der Anspruchsberechtigten gehört. Dabei differenziert er zwischen Ansprüchen auf das positive und das negative Interesse. Im darauf folgenden Abschnitt steht die Darlegungs- und Beweislast im Mittelpunkt der Betrachtung. Er zeigt, dass auch den Auftraggeber im Rahmen des substantiierten Bestreitens eine sekundäre Darlegungslast treffen kann. Sofern der Auftraggeber den Einwand erhebt, dass bei einem rechtmäßigen Alternativverhalten in Form der zulässige Aufhebung des Vergabeverfahrens der Schaden ebenfalls entstanden wäre, treffe ihn grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast. Im umgekehrten Fall, wenn sich der Auftraggeber nach erfolgter rechtswidriger Aufhebung darauf beruft, dass die Aufwendungen zur Angebotserstellung wegen fehlender Wirtschaftlichkeit auch dann verloren gewesenen wären, wenn das Verfahren nicht rechtswidrig aufgehoben worden wäre, sei der Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens schon von vorneherein unzulässig. Anschließend geht der Verfasser auf die Neuregelung der vergaberechtlichen Ausschlussgründe ein. Dabei steht die unterschiedliche Ausgestaltung der Nachforderungsmöglichkeiten von fehlenden Nachweisen in VOL/A und VOB/A im Mittelpunkt der Betrachtung. Der Verfasser kritisiert die unterschiedlichen Regelungen und insbesondere die unpräzise Ausgestaltung der Regelung in der VOL/A. Davon ausgehend unterzieht er im letzten Abschnitt seiner Abhandlung das vergaberechtliche Kaskadenprinzip einer kritischen Betrachtung.
Robert Thiele, MBA, TK / BMI, Berlin