Getrennt oder zusammen? – Losaufteilung und Gesamtvergabe nach der Reform des GWB in der Rechtsprechung

Titeldaten
  • Boesen, Arnold
  • VergabeR - Vergaberecht
  • Heft 2a/2011
    S.364-372
Zusätzliche Informationen:
Aufsatz

§ 97 Abs. 3 Satz 3 GWB

OLG Celle, Beschluss vom 26.04.2010 - 13 Verg 4/10, VK Münster, Beschluss vom 07.10.2010 - VK 18/09, BGH, Beschluss vom 08.02.2011 - X ZB 4/10

Abstract
Zunächst stellt der Verfasser die Regelungen zur losweisen Vergabe vor und nach der GWB-Reform 2009 gegenüber und untersucht, ob sich aus der Neuformulierung neue Anforderungen ergeben. Er stellt fest, dass sich weder der Regel-Ausnahme-Charakter noch die bieterschützende Funktion der Regelung geändert hat. Auch weiterhin gebe es keinen Anspruch auf eine Losteilung, sondern nur einen Anspruch auf fehlerfreie Abwägungsentscheidung. In der neuen Erforderlichkeit „wirtschaftlicher oder technischer Gründe“ für die Rechtfertigung einer Gesamtvergabe könnte jedoch eine Stärkung des Mittelstandsschutzes liegen. Anschließend geht er auf die zur Neuregelung ergangene Rechtsprechung ein. Dabei stehen die Entscheidungen des OLG Celle, Beschluss vom 26.04.2010 - 13 Verg 4/10 und der VK Münster, Beschluss vom 07.10.2010 - VK 18/09 im Mittelpunkt der Betrachtung. Er zeigt, dass vom OLG Celle eine Zwei-Stufenprüfung vorgenommen wurde. Auf der ersten Stufe seien - aufgrund des Leistungsbestimmungsrechts des Auftraggebers - sachliche Gründe zur Rechtfertigung einer Gesamtvergabe ausreichend, erst auf der zweiten Stufe müsse, sofern ein Gestaltungsspielraum für die Losbildung vorliege, eine Interessenabwägung im Einzelfall hinsichtlich einer Gesamtvergabe vorgenommen werden. Kritisch bewertet er den oben genannten Beschluss der VK Münster. Diese hatte den Begriff „erfordern“ i.S. des § 97 Abs. 3 Satz 3 GWB dahingehend ausgelegt, dass diesem eine neue Verpflichtung entnommen werden könne, Vergaben intensiver an den Interessen des Mittelstandes auszurichten. Anschließend stellt er weitere Rechtsprechung zur Neuregelung dar. Abschließend kommt er zu dem Ergebnis, dass bislang keine wesentlichen Änderungen der Rechtsprechung zur Zulässigkeit einer Gesamtvergabe, sowie keine Verschärfung der Begründungs- und Dokumentationspflichten für die Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers zur Los- oder Gesamtvergabe erkennbar seien. Vielmehr könne nach dem BGH (Beschluss vom 08.02.2011 - X ZB 4/10) eine erst im Nachprüfungsverfahren vorgetragene Begründung zu einer sachlich richtigen Entscheidung für eine Gesamtvergabe eine mangelhafte Dokumentation noch heilen.
Robert Thiele, MBA, TK / BMI, Berlin