Der „positive“ Feststellungsbescheid als Zulässigkeitsvoraussetzung für Schadenersatzklagen (Teil 1)

Titeldaten
  • Hornbanger, Kathrin; Rihs, Georg
  • ZVB - Zeitschrift für Vergaberecht und Bauvertragsrecht
  • Heft 6/2011
    S.229-235
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Aufsatz

Abstract
Art 2 lit c Rechtsmittelrichtlinie schreibt einen wirksamen Rechtsschutz und Schadenersatz im Fall von Verstößen gegen das Vergaberecht vor. Schadenersatzansprüche bestehen – im Sinn des „Vorrangs“ des Wettbewerbs um den Vertrag - erst ab Zuschlagserteilung. Im BVergG wurde diese Forderung durch die Kompetenz des BVA zur Erlassung von Feststellungsbescheiden umgesetzt. So bildet ein “positiver” Feststellungsbescheid eine Zulässigkeitsvoraussetzung für Schadenersatzansprüche von Bietern. Die Rechtsgrundlagen für die Erlassung von Feststellungsbescheiden nach dem BVergG durch das Bundesvergabeamt wurden vom Gesetzgeber im Laufe der Zeit geändert. Eine jüngere Entscheidung des OLG Wien (OLG Wien, 27. 1. 2011, 16 R 104/07t) zur Zulässigkeit von Schadenersatzansprüchen aus gemäß BVergG 2002 festgestellten Verstößen steht in einem Spannungsverhältnis zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und zieht die Zulässigkeit von Schadersatzklagen trotz (nach früherer Rechtslage) festgestellter Verstöße gegen das Vergaberecht in Zweifel. Nach der nunmehr geltenden Rechtslage im BVergG 2006 scheinen die Unklarheiten bezüglich der notwendigen Formulierung des Spruches des Feststellungsbescheides durch die Angleichung der Formulierung der Kompetenzen des BVA in § 312 BVergG 2006, die Regelung des Gegenstandes von Feststellungsverfahren in § 331 Abs 1 BVergG 2006 und der Zulässigkeit von Schadenersatzklagen in § 341 Abs 2 BVergG 2006 ausgeräumt. Nach den Anforderungen der Rechtsmittelrichtlinie muss ein Feststellungsbescheid, mit dem Verstöße gegen das Vergaberecht (“bloß”) festgestellt wurden, für die Zulässigkeit einer Schadenersatzklage ausreichen. Die engen Zulässigkeitsvoraussetzungen für Schadenersatzklagen aufgrund von Verstößen gegen das Vergaberecht, die insbesondere nach der alten Rechtslage Zweifel an der Zulässigkeit von Schadenersatzklagen hervorgerufen haben, sind europarechtskonform entsprechend weit zu interpretieren.
Dr. Johannes Schramm , Herausgeber und Schriftleiter der „Zeitschrift für Vergaberecht und Bauvertragsrecht“ (ZVB) , Wien