Über die Nachforderungspflicht für fehlende Erklärungen oder Nachweise und einen Versuch des BMVBS, den Geist wieder in die Flasche zu bekommen

Titeldaten
  • Schwabe, Christof; John, Dieter
  • VergabeR - Vergaberecht
  • Heft 4/2012
    S.559-568
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Aufsatz

Abstract
Fehlende Nachweise und Erklärungen der Bieter waren nach der bisherigen Rechtslage nicht mehr nachreichbar. Zu spät, fehlerhaft oder gar nicht eingereichte Unterlagen führten zwingend zum Ausschluss des Angebots. Nach der Neuregelung in § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A ist nunmehr der Aufraggeber dazu verpflichtet, derartige Unterlagen nachzufordern. Erst wenn der Bieter dieser Aufforderung nicht nachkommt, ist sein Angebot auszuschließen. Durch die absichtliche Nichtabgabe von Unterlagen ist somit eine späte Ausstiegsmöglichkeit aus dem Verfahren eröffnet worden. In Reaktion auf diese Praxis hat das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) die Bewerbungsbedingungen im Handbuch für die Vergabe und Ausführung von Bauleistungen im Straßen- und Brückenbau (HVA B-StB, Ausgabe April 2010) geändert. Danach kann ein Bieter wegen fehlender Zuverlässigkeit ausgeschlossen werden, wenn er bei vorherigen Vergaben bereits mit Kenntnis des Wettbewerbsergebnisses nachgeforderte Nachweise nicht fristgerecht nachgeliefert hat. Die Autoren stellen mit ihrem Beitrag zunächst die rechtliche Situation vor und nach der Gesetzesänderung dar und zeigen die tatsächlichen Auswirkungen etwa in Bezug auf mögliche Absprachen der Bieter auf. Anhand eines tatsächlichen Falles aus der Praxis wird die Regelung des BMVBS kritisch hinterfragt und rechtlich auf den Prüfstand gestellt. Die Autoren gelangen zu dem Ergebnis, dass das Führen einer "Schwarzen Liste" samt der vorgenannten Bewerbungsbedingungen der HVA B-StB rechtlich unzulässig ist.
Felix Zimmermann, Beschaffungsamt des BMI, Bonn