Reintegration von Dienstleistungskonzessionen in das Vergaberecht am Beispiel der Wasserversorgung

Titeldaten
  • Säcker, Franz Jürgen; Mohr, Jochen
  • ZWeR - Zeitschrift für Wettbewerbsrecht
  • Heft 4/2013
    S.417-441
Zusätzliche Informationen:
Aufsatz

Art. 1 Abs. 3 lit. b) RL 2004/17/EG; Art. 1 Abs. 4 RL 2004/18/EG

EuGH, Urt. v. 7.12.2000 - Rs. C-324/98 - "Telaustria"

Abstract
Die Autoren plädieren gegen die Auffassung, dass an eine Vergabe von Dienstleistungskonzessionen erheblich geringere Anforderungen als an die Vergabe öffentlicher (Dienstleistungs-)Aufträge zu stellen seien, nur weil sie von den EU-Vergaberichtlinien nicht erfasst sind. Am Beispiel der geläufigen Praxis des Abschlusses von Wegenutzungsverträgen zwischen Gemeinden und kommunalen Unternehmen ohne Durchführung eines wettbewerblichen Auswahlverfahrens zeigen sie auf, dass diese Praxis sowohl gegen die unionsrechtlichen Wettbewerbsvorschriften der Art. 101 ff. AEUV als auch gegen die vom EuGH aufgestellten Grundsätze für die Vergabe von Dienstleistungskonzessionen mit Binnenmarktrelevanz verstoßen.

Der Aufsatz liefert eine umfassende Zusammenstellung von Argumenten dafür, dass die mit dem Abschluss von Wegenutzungsverträgen verbundene Auswahl des Betreibers des betreffenden öffentlichen Energie- oder Wassernetzes nicht ohne ein transparentes und objektives Vergabeverfahren unter Herstellung eines angemessenen Grades an grenzüberschreitender Öffentlichkeit und Gewährung eines effektiven Primärrechtsschutzes für nicht berücksichtigte Unternehmen vorgenommen werden kann. Dies gebiete allein die wirtschaftliche Dimension von Konzessionen auf dem Gebiet der öffentlichen Daseinsvorsorge. Der Auffassung der Autoren, dass die ausschreibungsfreie Vergabe solcher Konzessionen aus Sicht des Binnenmarktes und der Dienstleistungsfreiheit sowohl wettbewerblich als auch vergaberechtlich nicht tolerabel ist und eine Art strukturelle Korruption darstellt, dürfte schwer zu widersprechen sein.

Es ist konsequent, dass die Autoren große Hoffnungen darauf setzen, dass der von ihnen unter Hinweis auf teleologische Gesichtspunkte aufgezeigten Notwendigkeit, auch Dienstleistungskonzessionen nach den anspruchsvollen materiellen Maßstäben und Anforderungen des europäischen Vergaberechts zu vergeben, durch den Vorschlag der Kommission für eine Konzessionsrichtlinie Rechnung getragen wird. In der Tat wäre es sehr zu begrüßen, wenn die zu Recht beklagte Rechtsunsicherheit in Bezug auf die vergaberechtliche Einordnung von Dienstleistungskonzessionen im Interesse des Wettbewerbs und eines wertkonsistenten Vergabewesens bald der Vergangenheit angehörte.
Dr. Klaus Heuvels , CMS Hasche Sigle , Frankfurt am Main