Eignung zum Ausschluss?

Titeldaten
  • Prieß, Hans-Joachim ; Friton, Pascal
  • NZBau - Neue Zeitschrift für Bau- und Vergaberecht
  • Heft 4/2013
    S.214-218
Zusätzliche Informationen:
Aufsatz

Art. 45 Abs. 2 lit. d) VKR

EuGH, Urteil vom 13.12.2012, Rs. C 465/11, Forposta SA ./. Poczta Polska

Abstract
In ihrem Aufsatz „Eignung zum Ausschluss?“ besprechen die Autoren die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache Forposta SA ./.Poczta Polska (Polnische Post) vom 13.12.2012 (C-465/11), die sich mit dem Ausschlussgrund der schweren Verfehlung im Rahmen der beruflichen Tätigkeit gemäß Art. 45 Abs. 2 d) VKR befasst. Der EuGH definiert darin den Begriff der schweren beruflichen Verfehlung als jedes fehlerhafte Verhalten, das Einfluss auf die berufliche Glaubwürdigkeit hat, und das nicht nur Verstöße gegen berufsethische Regelungen im engeren Sinne des Berufsstandes umfasst, sondern grundsätzlich auch die Nicht- bzw. Schlechterfüllung vertraglicher Pflichten durch Wirtschaftsteilnehmer. Eine schwere Verfehlung setze zusätzlich üblicherweise den Nachweis einer vorsätzlichen Handlung oder einer Fahrlässigkeit von gewisser Schwere voraus. Zudem betont der EuGH, dass der Ausschlussgrund des Art. 45 Abs. 2 d) VKR stets eine konkrete einzelfallbezogene Beurteilung des Auftraggebers erfordere und nicht automatisch durch eine nationale Regelung angenommen werden dürfe. Die Autoren bewerten die Entscheidung des EuGH grundsätzlich als Bestätigung der deutschen Rechtsprechung. Als rechtlich hoch problematisch beurteilen sie jedoch die Praxis der deutschen Vergabekammern und Gerichte, die bei Vertragsverletzungen wegen der hohen Hürden des Art. 45 Abs. 2 d) VKR häufig nicht von einer schweren beruflichen Verfehlung ausgehen, sondern im Rahmen einer allgemeinen Abwägung die Eignung und insbesondere die Zuverlässigkeit des Teilnehmers in einem Vergabeverfahren verneinen.
Silke Renner, AOK-Bundesverband, Berlin