Rechtsschutz und Rügepflichten vor den Zivilgerichten

Titeldaten
  • Kirch, Thomas
  • Vergabe News
  • Heft 6/2013
    S.62-64
Zusätzliche Informationen:
Aufsatz

§ 107 Abs. 3 GWB

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.01.2013, Verg 26/12; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 04.02.2013, Verg 31/12

Abstract
In seinem Aufsatz mit dem Titel „Rechtsschutz und Rügepflichten vor den Zivilgerichten“ erörtert der Autor die Frage, ob einem Bieter im Bereich unterhalb der EU-Schwellenwerte die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs gemäß §§ 311 Abs. 2, 241, 280 BGB versagt werden kann, weil er den behaupteten Vergaberechtsverstoß des Auftraggebers nicht zuvor gerügt hat. Die Rügepflicht des § 107 Abs. 3 GWB ist auf Vergaben unterhalb der EU-Schwellenwerte grundsätzlich nicht anwendbar, § 100 Abs. 1 Satz 1 GWB. Dennoch hat das Oberlandesgericht Düsseldorf entschieden, dass bei einer Konzessionsvergabe, die nicht dem GWB unterliegt, den Bieter im Sinne einer selbstständigen Nebenpflicht die Verpflichtung treffe, den Auftraggeber auf Rechtsverstöße im Vergabeverfahren hinzuweisen, ansonsten sei der Bieter mit seinem Vorbringen in einem einstweiligen Verfügungsverfahren ausgeschlossen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.01.2013, Verg 26/12 und Beschluss vom 04.02.2013, Verg 31/12, ähnlich LG Köln, Urteil von 07.11.2012, 90 O 59/12). Der Autor tritt diesem Ansatz kritisch entgegen. Denn das Erheben einer Verfahrensrüge gehört nicht zu den tatbestandlichen und prozessualen Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Verfügung, die vielmehr das Bestehen eines Verfügungsanspruchs (Verletzung subjektiver Bieterrechte) und eines Verfügungsgrundes (besondere Dringlichkeit, ohne die die Rechtsanwendung des Antragstellers wesentlich erschwert wäre oder aufgrund derer die Sicherung zur Abwendung wesentlicher Nachteile erforderlich ist) voraussetzt. Eine Pflicht zur Rüge könne sich somit vielmehr daraus ergeben, dass ein Abwarten des Antragstellers bei Kenntnis des einen Unterlassungsanspruch begründenden Verhaltens des Auftraggebers die Dringlichkeit des Verfügungsanspruchs entfallen lasse.
Silke Renner, AOK-Bundesverband, Berlin