Neuausschreibungspflicht bei Vertragsänderung

Titeldaten
  • Brüning, Christoph ; Pfannkuch, Benjamin
  • VergabeR - Vergaberecht
  • Heft 2/2015
    S.144-153
Zusätzliche Informationen:
Aufsatz

§ 3 Abs. 4 lit. e), f), g) VOL/A-EG, § 3 Abs. 5 Nr. 5, 6 VOB/A-EG, Art. 72 RiLi 2014/24/EU, Art. 89 RiLi 2014/25/EU, Art. 43 RiLi 2014/23/EU

EuGH Urt. v. 19.06.2008 - C 454/06 - "pressetext"

Abstract
Die Frage nach den Voraussetzungen und Grenzen vergabefreier Vertragsänderungen ist für die Vergabepraxis von so hoher Relevanz, dass die hierzu vom EuGH in seiner „pressetext"-Entscheidung aus dem Jahr 2008 entwickelten Grundsätze nunmehr als lex scripta in die neuen Vergaberichtlinien aufgenommen wurden. Die damit einhergehende Erhöhung der Rechtssicherheit führt nach zutreffender Analyse der Autoren allerdings nicht dazu, dass sich damit alle wesentlichen Zweifels- und Abgrenzungsfragen erledigen werden. Die vom EuGH vorgenommenen Grenzziehungen zwischen zulässigen vergabefreien und ausschreibungspflichtigen Vertragsänderungen arbeiten nämlich ihrerseits wiederum mit auslegungsbedürftigen unbestimmten Rechtsbegriffen, die das Spannungsverhältnis zwischen geänderten Geschäftsgrundlagen und dem Grundsatz „pacta sunt servanda" vergaberechtlich neu justieren, aber nicht aufheben. Öffentliche Auftraggeber sollten im Lichte dieser Erkenntnis daher auch künftig einerseits alle Sorgfalt darauf verwenden, die Möglichkeiten zur Antizipation benötigter Freiräume für spätere Vertragsanpassungen bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses durch entsprechende Vertragsklauseln zu schaffen und andererseits bei späteren Änderungen darauf achten, dass die Vergaberechtsprechung das Ausmaß dieser Änderungen in einer Gesamtschau aller potentiell wettbewerbsverändernden Effekte zu definieren gehalten ist.
Dr. Klaus Heuvels , CMS Hasche Sigle , Frankfurt am Main