Die Bewertung des Angebotspreises

Titeldaten
  • Brackmann, Roswitha ; Berger, Matthias
  • VergabeR - Vergaberecht
  • Heft 2a/2015
    S.313-321
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Aufsatz

Abstract
Ausgehend von der These, dass die Umrechnung des Preises in Punkte zu unerwarteten und rechtlich unzulässigen Effekten führen kann, untersuchen die Verfasser Wertungsmethoden, die Preispunkte verwenden. Einleitend stellen sie den unionsrechtlichen und nationalen Regelungsrahmen für die Angebotswertung dar. Dabei gehen sie auch auf die Neuregelungen der RL 2014/23/EU ein. Anschließend skizzieren sie die Entwicklung der Rechtsprechung zu Wertungsmethoden des Angebotspreises. Sodann wenden sie sich einzelnen Wertungsmethoden zu. Anhand von Beispielsrechnungen zeigen sie auf, dass die Gewichtung des Preises und der Leistung in einem Preis-Leistungs-Verhältnis, das über einen Bruch abgebildet wird, keine Wirkung auf Rangfolge hat. Dies habe in der Praxis dazu geführt, den Preis und die Leistungspunkte in eine Addition zu stellen. Hierfür wurden Methoden entwickelt, mit denen der Preis in Punkte, sogenannte Preispunkte, umgerechnet werden könne. Bei derartigen Wertungssystemen könne sich jedoch ein unwirtschaftliches Wertungsergebnis ergeben, weil der Preis im Zuge der Umrechnung nicht mehr linear gewichtet werde. Nur wenn entgegen der gegenwärtigen Praxis auch die Bewertung der Qualität nach der gleichen Referenzwertmethode erfolge, mit der der Preis bewertet wurde, könne ein doppelt so teures Angebot den Preisnachteil durch eine doppelt so gute Qualität kompensieren. Problematisch sei in jedem Fall, dass das erst nach Submission bekannte beste Angebot die Gewichtung der Zuschlagskriterien derart beeinflusst, dass die veröffentlichte Gewichtung abgeändert werde, ohne dass die Bieter dies im Zeitpunkt der Ausarbeitung der Angebote erkennen könnten. Nach der bisherigen Rechtsprechung der Vergabesenate seien jedoch weder eine Gewichtung des Preises noch die Festlegung von Preispunkten grundsätzlich unzulässig. Dies sei auch mit der Bestimmungsfreiheit öffentlicher Auftraggeber unvereinbar.
Robert Thiele, MBA, TK / BMI, Berlin