Bauzeitanpassungen wegen verzögerter Vergabe in Bietergesprächen

Titeldaten
  • Kniffka, Rolf
  • VergabeR - Vergaberecht
  • Heft 6/2015
    S.735-742
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Aufsatz

Abstract
Der Autor setzt sich mit der Frage auseinander, welche Folgen Verhandlungen über die Bauzeit bei einer verzögerten Vergabe vor dem Zuschlag haben. Er stellt eingangs klar, dass Verhandlungen über das Angebot – ausgenommen natürlich beim Verhandlungsverfahren – vor dem Zuschlag unzulässig seien. Verhandlungen über die geänderte Bauzeit und die damit einhergehende Änderung der Vergütung dürfen erst nach dem Zuschlag geführt werden. Verhandeln Auftraggeber und Bieter dennoch vor dem Zuschlag, sei das zwar vergaberechtlich unzulässig, könne aber zu einer zivilrechtlich wirksamen Änderung des Vertrags führen. Der Autor geht von einer solchen wirksamen Vertragsänderung jedenfalls dann aus, wenn die Parteien ausdrücklich eine neue Bauzeit und eine neue Vergütung festlegen. Sofern allerdings der Auftraggeber im Aufklärungsgespräch einseitig neue Bauzeiten vorgebe und diese ggf. auch beim Zuschlag berücksichtigte, handele es sich nur um einen Wunsch des Auftraggebers für die späteren Verhandlungen über die Vertragsanpassung. Die neuen Bauzeiten werden unabhängig von einem Widerspruch durch den Bieter nicht Vertragsbestandteil. Der Autor begründet das Ergebnis damit, dass ein Nachverhandeln vergaberechtlich unzulässig sei und der Bieter in einem Aufklärungsgespräch nicht mit Verhandlungen über Vertragsanpassung rechnen müsse. Der Autor geht im Anschluss der Frage nach, ob eine Anpassung der Vergütung ausgeschlossen ist, wenn sich Auftraggeber und Bieter vor dem Zuschlag verbindlich auf eine neue Bauzeit geeinigt haben. Hier vertritt der Autor in Abgrenzung zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Auffassung, dass eine Anpassung der Vergütung nur ausgeschlossen sei, wenn hierüber vor dem Zuschlag ausdrücklich Einigkeit erzielt worden sei. Sofern eine ausdrücklich Regelung zur Vergütung fehle, könne der Bieter weiterhin eine Anpassung verlangen. Dies stützt der Autor vor allem darauf, dass die Vergütung maßgeblich durch die Bauumstände und insbesondere auch die Bauzeit beeinflusst werde und der Auftraggeber ohne eine ausdrückliche Erklärung des Bieters nicht davon ausgehen könne, dass dieser die Leistungen in der geänderten Bauzeit ohne eine Anpassung der Vergütung ausführen werde.
Dr. Thorsten Schätzlein, Law and Engineering, Düsseldorf