Vergabe von Rettungsdienstleistungen: Keine generelle Freistellung vom Vergaberecht

Titeldaten
  • Amelung, Steffen ; Janson, Dominik
  • NZBau - Neue Zeitschrift für Bau- und Vergaberecht
  • Heft 1/2016
    S.23-26
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Aufsatz

Abstract
Zunächst stellen die Verfasser die Entscheidung des EuGH vom 11.12.2014 – C-113/13 „Spezzino und Anpas“ dar. In diesem Fall hatte der EuGH die Direktvergabe von Rettungsdienstleistungen an Freiwilligenorganisationen durch Behörden der Region Ligurien als zulässig erachtet. Vor dem Hintergrund der speziellen Gesetzesbegründung und der grundsätzlichen Befugnis der EU-Mitgliedstaaten zur Ausgestaltung ihres Gesundheitswesens und ihrer Systeme der sozialen Sicherheit, erachtete der EuGH die Vergabe nach der zugrundeliegenden italienischen Regelungen im konkreten Fall als zulässig. Anschließend untersuchen die Verfasser, ob und inwieweit diese EuGH-Entscheidung Auswirkungen auf die Bewertung der Ausschreibungsbedürftigkeit von Rettungsdienstleistungen in Deutschland nach der gegenwärtigen und der zukünftigen Rechtslage hat. Sie arbeiten heraus, dass die der oben genannten Entscheidung zugrundeliegende italienische Regelung nicht auf die nach dem deutschen Submissionsmodell beauftragten Rettungsdienste durch Hilfsorganisationen übertragbar ist. So sei u.a. der Rettungsdienst in Deutschland überwiegend mit hauptamtlichem Personal ausgestattet und es erfolge in der Regel keine Kostenerstattung, sondern eine echte Vergütung der Leistung. Sodann beleuchten sie die zukünftige Rechtslage. Hierbei stellen sie fest, dass die Bereichsausnahme des Art. 10 h) RL 2014/24/EU nur Leistungen in Extremsituationen, jedoch nicht den allgemeinen Rettungsdienst umfasse. Auch sei die Einordnung der mit dem Rettungsdienst in Deutschland betrauten Hilfsorganisation als gemeinnützige Organisation im Sinne der Regelung fraglich. Daher spreche viel dafür, dass herkömmliche Rettungsdienstleistungen nach dem Submissionsmodell weiterhin und zukünftig auch dem Konzessionsmodell dem Anwendungsbereich des Vergaberechts unterfallen. Allerdings könnten diese Leistungen nach den vereinfachten Vergaberegime der Art. 74 ff. RL 2014/24/EU und Art. 31 ff. RL 2014/23/EU vergeben werden.
Robert Thiele, MBA, TK / BMI, Berlin