BVwG – Mangelnde Nachvollziehbarkeit von Zuschlagskriterien und ihre Folgen

Titeldaten
  • Gruber, Thomas ; Gruber, Georg
  • ZVB - Zeitschrift für Vergaberecht und Bauvertragsrecht
  • Heft 9/2016
    S.344-351
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Aufsatz

Abstract
§ 96 BVergG 2006: Den Bietern sind gemäß dem Grundsatz der vollständigen Leistungsbeschreibung keine unzumutbaren Risiken bei der Erstellung der Angebote zu übertragen und die Vergleichbarkeit der Angebote im Hinblick auf den Auftragsgegenstand zu gewährleisten. Bei offenen Verfahren muss die Beschreibung der Leistung so vollständig sein, dass zwar Aufklärung zu den Angeboten zulässig ist, hingegen Verhandlungen über den Leistungsgegenstand oder den Preis nicht notwendig und auch nicht zulässig sind. Leistungen sind gemäß dem Grundsatz der Gleichbehandlung eindeutig, vollständig und neutral zu beschreiben. Jeder Bieter soll dadurch in die Lage versetzt werden, alleine aufgrund der Angaben in der Leistungsbeschreibung und ohne zusätzliche Informationen ein technisch und wirtschaftlich optimales Angebot zu legen. Eine Berichtigung der Ausschreibung ist nur insoweit zulässig, als es dadurch nicht zu einer inhaltlich wesentlich anderen Ausschreibung kommt. § 79 BVergG 2006: Der Auftraggeber hat die Zuschlagskriterien inhaltlich ausreichend zu konkretisieren, um eine objektive und transparente Bestbieterermittlung zu gewährleisten. Andernfalls kann selbst mit ausführlicher Begründung der Bestbieterermittlung dem Anschein einer willkürlichen Vorgehensweise kaum entgegengewirkt werden. Nach ständiger Rechtsprechung müssen Zuschlagskriterien so gefasst werden, dass alle durchschnittlich fachkundigen Bieter sie bei der üblichen Sorgfalt in gleicher Weise auslegen können. Diese Verpflichtung erstreckt sich auch auf Sub-Zuschlagskriterien. Die Zuschlagskriterien müssen so ausgestaltet sein, dass sie eine Vergleichbarkeit der Angebote gewährleisten. Die Konkretisierung der Zuschlagskriterien ist im Hinblick auf die (ex post) sicherzustellende Nachvollziehbarkeit der Ermittlung des Bestbieters unerlässlich. Es liegt in der Disposition des Auftraggebers, welche Zuschlagskriterien er festlegt, so lange diese auftragsbezogen und nicht diskriminierend sind. Es steht einem Auftraggeber auch frei, kommissionell zu bewertende Kriterien vorzusehen. Es ist einer kommissionellen Bewertung immanent, dass ein Spielraum für subjektive Bewertungen verbleibt. Grundvoraussetzung ist jedoch, dass die Zuschlagskriterien eine eindeutige und neutrale Bewertung der Angebote ermöglichen. Die Gewichtung der Zuschlagskriterien im Verhältnis zueinander muss sich eindeutig aus den Ausschreibungsunterlagen ergeben. Der Auftraggeber hat sich somit einer aus den Ausschreibungsunterlagen ergebenden Bewertungsmethode zu bedienen, die eine nachträgliche Verschiebung der Gewichtung der Zuschlagskriterien im Verhältnis zueinander im Rahmen der Bewertung der Angebote ausschließt. § 78 BVergG 2006: Die Festlegung, dass Schwankungen der Indexzahl nach oben oder unten einschließlich 5 % unberücksichtigt bleiben, ist geschäftsüblich und nicht zu beanstanden. Eine mangelnde Kalkulierbarkeit kann daraus nicht abgeleitet werden. § 325 BVergG 2006: Es ist nicht Aufgabe des Bundesverwaltungsgerichts anlässlich einer Überprüfung der Ausschreibungsbestimmungen vorab eine fiktive Prüfung von zivilrechtlichen Vertragsbestimmungen vorzunehmen. Die Regelungen des BVergG bilden den alleinigen Prüfungsmaßstab des Bundesverwaltungsgerichts.
Dr. Johannes Schramm , Herausgeber und Schriftleiter der „Zeitschrift für Vergaberecht und Bauvertragsrecht“ (ZVB) , Wien