Teuflische Tippfehler

Punkt, Punkt, Komma, Strich, richtig sind sie nicht, das straft das Gericht ...
Titeldaten
  • Noch, Rainer
  • Vergabe Navigator
  • Heft 6/2016
    S.29-31
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Aufsatz

Abstract
Der Beitrag gibt anhand von aktuellen Beispielsfällen einen Überblick über die Auswirkungen von Tippfehlern beim Ausfüllen von Leistungsverzeichnissen. So kann ein Tippfehler unbeachtlich sein, wenn im Kontext der Ausschreibungsbedingungen erkennbar war, was vom Auftraggeber gefordert war (VK Nordbayern, Beschluss vom 10.3.2016, 21.VK-3194-03116.). Andererseits kann ein Tippfehler wegen einer daraus folgenden Unklarheit des Angebots zum Ausschluss führen (OLG Schleswig, Beschluss vom 11.5.2016, 54 Verg 3/16). Nach einer Entscheidung des OLG Koblenz (Beschluss vom 30.3.2012, 1 Verg 1/12) gibt es nämlich keinen Erfahrungssatz, dass die Bieter immer genau das anbieten wollen, was der Auftraggeber über die Leistungsbeschreibung „bestellt" hat. Daher können Abweichungen im Angebot auch nicht grundsätzlich auf einem Versehen beruhen. Das OLG Frankfurt geht hingegen im Beschluss vom 26.06.2012, 11 Verg 12/11, vom allgemein anerkannten Auslegungsgrundsatz aus, wonach die Parteien im Zweifel vernünftige Ziele und redliche Absichten verfolgen. Daher sei zu berücksichtigen, dass ein Bieter den Zuschlag erhalten und deshalb im Zweifel ein ausschreibungskonformes Angebot abgeben will. Der Verfasser begrüßt in seiner abschließenden Bewertung die angebotserhaltenden Ansätze der Rechtsprechung und empfiehlt den Vergabestellen aus wettbewerblichen Gründen immer dann, wenn es möglich ist, den angebotserhaltenden Auslegungsweg zu gehen.
Robert Thiele, MBA, TK / BMI, Berlin