Übertragung wirtschaftspolitischer Verantwortung auf private Empfänger staatlicher Zuwendungen?

Zur Angemessenheit und Legitimation impliziter Förderzwecke und latenter Eingriffsregelungen
Titeldaten
  • Etscheid, Mario
  • VR - Verwaltungsrundschau
  • Heft 1/2018
    S.3-11
Zusätzliche Informationen:
Aufsatz

Nr. 3.1 ANBest-P

Abstract
Der Beitrag beschäftigt sich mit staatlicher Projektförderung, bei der den (privaten)
Zuwendungsempfängern im Zuwendungsbescheid regelmäßig die Pflicht auferlegt wird, das nationale
Vergaberecht anzuwenden. Der Verfasser arbeitet heraus, dass den Zuwendungsempfängern damit eine
Verpflichtung auferlegt wird, die grundsätzlich nur für staatliche Stellen vorgesehen ist. Dabei wirft er die
Frage auf, ob dem Zuwendungsempfänger diese Verpflichtung aufgebürdet werden dürfen, da auch im
Fall der unbeabsichtigten Nichtbeachtung der vergaberechtlichen Vorschriften die Zuwendung teilweise
oder sogar vollständig selbst Jahre nach Abschluss des Projektes mit Zinsen zurückgefordert werden
könnte. Der Verfasser gibt zunächst einen Überblick über das Zuwendungsverfahren bei der
Projektförderung Privater am Beispiel der Nr. 3.1 der Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen
zur Projektförderung (ANBest-P) des Bundes. Er erörtert das Problem, dass in Bezug auf die Verpflichtung
zur Einhaltung der ANBest-P weder der Vorrang noch der Vorbehalt des Gesetzes erfüllt seien. Der Vorrang
des Gesetzes sei nicht beachtet, da an Zuwendungsempfänger, die nicht vom Geltungsbereich der BHO
bzw. LHO erfasst sind, Anforderungen wirtschafts- und wettbewerbspolitischer Art gestellt würden, die
inhaltlich aus dem Gesetz nicht ableitbar seien. Auch der Vorbehalt des Gesetzes sei nicht eingehalten. Da
der Zuwendungsbescheid wegen der mit ANBest-P verbundenen Vergaberechtspflicht belastende
Wirkung habe, bedürfe es einer Ermächtigungsgrundlage. Jedoch seien weder die Verwaltungsvorschriften
zur BHO bzw. LHO noch die Haushaltsgesetze taugliche Ermächtigungsgrundlagen. Abschließend setzt
sich der Verfasser mit den Voraussetzungen des Verhältnismäßigkeits- und Bestimmtheitsgrundsatzes
sowie dem Begründungs- und Anhörungserfordernis auseinander und zeigt mögliche Lösungswege für
die Praxis in Bezug auf die aufgeworfenen Probleme auf.
Annett Hartwecker, PricewaterhouseCoopers Legal AG Rechtsanwaltsgesellschaft, Berlin