EVB-IT Erstellung: Gestaltungshinweise für agile Softwareentwicklungsverträge

Betrachtung ausgewählter Schwerpunktthemen
Titeldaten
  • Koch, Moritz Philipp ; Kunzmann, Luise; Müller, Norman
  • MMR - MultiMedia und Recht
  • Heft 1/2020
    S.8-13
Zusätzliche Informationen:
Aufsatz

Abstract
In ihrem Beitrag stellen die Autoren die Möglichkeiten der Anpassung der EVB-IT Erstellung auf agile
Softwareentwicklungsverträge vor. Für den Auftraggeber sei es aufgrund der werkvertraglichen Gestaltung
vorteilhaft, für agile Softwareentwicklungsverträge die EVB-IT Erstellung als Grundlage zu verwenden. Die
EVB-IT Erstellung müssten um agile Begrifflichkeiten sowie Vorgehensweisen ergänzt werden, wobei eine
Orientierung an agilen Methoden wie Scrum vorteilhaft sei. Da die EVB-IT Erstellung für Einzelvorhaben
konzipiert seien, müssten unter Beachtung der vergaberechtlichen Vorgaben rahmenvertragliche
Regelungen in den Vertrag aufgenommen werden. Wichtig sei bei großen IT-Projekten ebenfalls die
Regelung von Abnahmen gemäß § 640 BGB. Es müsse beachtet werden, dass der Auftragnehmer ein
berechtigtes Interesse an Teilabnahmen haben könne, die in den EVB-IT Erstellung nicht vorgesehen seien.
Hinsichtlich der Gesamtabnahme müsse beachtet werden, dass die EVB-IT keine Vorgabe enthielten, das
Gesamtwerk gegen die Definition of Done zu prüfen, also die Anforderungen, die sich unter anderem aus
der Leistungsbeschreibung und den im Laufe des Projekts erfolgten Änderungen ergeben. Gemäß dem
agilen Ansatz könne es sinnvoll sein, die Pflege der Software bereits mit den ersten entstehenden
Softwareteilen beginnen zu lassen und zu vergüten. Schließlich sei in Bezug auf die Dokumentation der
Software zu beachten, dass die EVB-IT Erstellung keine Vorgaben zum Zeitpunkt der Dokumentierung
durch den Auftragnehmer enthalte. Es sei daher ratsam, die EVB-IT Erstellung zu modifizieren und eine
angemessene, fortlaufende Dokumentation zu vereinbaren. Die in den EVB-IT Erstellung vorgesehenen
Change Requests seien aufgrund der agilen Vorgehensweise lediglich für größere bzw. grundsätzliche
Änderungen in langfristigen Projekten notwendig. Die Vergütung könne als agiler Pauschalfestpreis
vereinbart werden, bei dem ein überschießender Betrag nur noch zu einem bestimmten Prozentsatz
vergütet werde. Auch sei eine Vergütung nach Aufwand möglich, wobei der Auftraggeber sich vor
ausufernden Kosten schützen müsse, unter anderem indem er im Vergabeverfahren feste Preise für ein
fiktives oder nicht fiktives Mengengerüst anbieten lässt. Bei der Fälligkeit des Werklohns sollten mögliche
Abschlagszahlungen so gestaltet werden, dass bei der Gesamtabnahme ein über die Zahlung für die
letzten Leistungen hinausgehender Betrag als Druckmittel verbleibt.
Filip Lewandowski, Richter (Verwaltungsgericht), Frankfurt (Oder)