Der aktuelle Fall zur Bindefrist: Läuft ein Angebot einfach so ab?
Titeldaten
- Noch, Rainer
- Vergabe Navigator
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Heft 4/2020
S.30-32
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Aufsatz
Abstract
Der Verfasser untersucht ausgehend von einem Beschluss des OLG Celle, vom 30.1.2020 – 13 Verg 14/19 die Folgen einer abgelaufenen Bindefrist für das betroffene Angebot im Vergabeverfahren. Das OLG hatte in seinem Beschluss die Ausschlussmöglichkeit eines erloschenen Angebots verneint. Eine Ermächtigung dazu ergebe sich weder auch § 57 Abs. 1 Nr. 4 VgV noch aus § 57 Abs. 1 Nr. 2 VgV. Vielmehr könne in einer solchen Situation der Auftraggeber aus haushaltsrechtlichen Erwägungen verpflichtet sein, auf ein erloschenes Angebot dennoch zuzuschlagen und es somit durch eine spätere Annahme durch den Bieter wieder zum Leben zu erwecken. Der Verfasser lehnt dieses Ergebnis ab und skizziert die bisherige vergaberechtliche Rechtsprechung zu den Folgen für erloschene Angebote. Er kommt zu dem Ergebnis, dass in Fällen, in denen der Bestbieter seine Bindefrist nicht verlängert hat und wirtschaftliche Angebote zur Verfügung stehen, der Zuschlag auf das zweitplatzierte Angebot erfolgen müsse. Eine Aufhebung könne erst dann erfolgen, wenn alle Bieter, die wirtschaftlich vertretbare Angebote eingereicht hatten, nach Ablauf der Bindefrist nicht bereit sind, auf ihr unverändertes Angebot einen Zuschlag zu akzeptieren. Vor diesem Hintergrund solle die Vergabestelle nicht bis kurz vor Ablauf der Bindefrist warten, um die Bieter um die Verlängerung zu bitten.
Robert Thiele, MBA, TK / BMI, Berlin