Titeldaten
- Deckers, Stefan
- ZfBR - Zeitschrift für deutsches und internationales Bau- und Vergaberecht
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Heft 6/2020
S.605-612
Zusätzliche Informationen:
Aufsatz
§ 7 HOAI, Art. 15 Richtlinie 2006/123/EG, Art. 49 AEUV
EuGH, Urt. v. 04.07.2019, C-377/17, BGH, Beschl. v. 14.05.2020, VII ZR 174/19
Abstract
Der Verfasser beschäftigt sich mit den Auswirkungen des Urteils des EuGH zur Europarechtswidrigkeit der Mindest- und Höchstsatzregelungen der HOAI in Bezug auf die Frage der Anwendbarkeit dieser Regelungen in laufenden Gerichtsverfahren zwischen Privatpersonen. Anlass dieser Auseinandersetzung ist ein aktueller Vorlagebeschluss des BGH. Zu Beginn des Beitrags stellt der Verfasser zunächst den aktuellen Streitstand zu den Auswirkungen der Entscheidung des EuGH in Literatur und Rechtsprechung vor und erläutert anschließend den Vorlagebeschluss des BGH. So möchte der BGH wissen, ob Art. 15 Abs. 1, Abs. 2 g), Abs. 3 Richtlinie 2006/123/EG bereits unmittelbare Wirkung auf laufende Gerichtsverfahren zwischen Privaten entfaltet, sodass § 7 HOAI nicht mehr anzuwenden wäre. Falls dies nicht der Fall sein sollte, möchte der BGH wissen, ob die Regelungen des § 7 HOAI auch einen Verstoß gegen Art. 49 AEUV oder sonstige Grundsätze des Unionsrecht darstellen und wenn ja, ob hieraus eine Nichtanwendbarkeit von § 7 HOAI in einem laufenden Gerichtsverfahren zwischen Privatpersonen folge. Auf dieser Basis geht der Autor zunächst auf die direkten Wirkungen der Entscheidung des EuGH ein, wobei er im Wesentlichen zwischen den Wirkungen inter partes und erga omnes differenziert. Bei den Wirkungen inter partes besteht seiner Ansicht nach Einigkeit, dass das Urteil im Verhältnis Bürger/Staat sofort zu berücksichtigen sei. Bei den Wirkungen erga omnes begründet er, dass sich seiner Ansicht nach im vorliegenden Fall aus dem Urteil auch ein grundsätzliches Anwendungsverbot des § 7 HOAI ergäbe, auch wenn der BGH wohl zu einem anderen Ergebnis komme. Eine unmittelbare Wirkung des Vertragsverletzungsurteils schließt er aber auch aus. Hieran anschließend beschäftigt er sich mit der Möglichkeit einer richtlinienkonformen Auslegung von § 7 HOAI und lehnt diese im Ergebnis ab. Zum Ende des Beitrags setzt sich der Verfasser dann ausführlich mit der Frage eines Anwendungsvorrangs der Dienstleistungsrichtlinie auseinander. Zuerst beschreibt er die allgemeinen Voraussetzungen einer unmittelbaren Richtlinienanwendung. Daran anschließend beschreibt der Autor die Auswirkungen auf die Vergabe öffentlicher Aufträge, wobei er darstellt, dass wohl unumstritten sei, die Vorgaben der HOAI im Rahmen der Vergabe von Planungsleistungen nicht als Zuschlagskriterium heranzuziehen. Nachfolgend setzt er sich mit dem Grundsatz des Ausschlusses der horizontalen Direktwirkung von Richtlinien auseinander und begründet, warum im vorliegenden Fall eine Durchbrechung des Grundsatzes in Betracht kommt. Zum Schluss des Beitrags erläutert der Verfasser dann noch ausführlich, warum seiner Ansicht nach die Regelungen der Mindest- und Höchstätze für Architekten- und Ingenieursleistungen die Niederlassungsfreiheit in nicht gerechtfertigter Weise einschränken.
Daniel Bens, avocado rechtsanwälte, München