Sind politische Parteien und Parlamentsfraktionen öffentliche Auftraggeber i.S.d. § 99 Nr. 2 GWB?

Titeldaten
  • Weirauch, Moritz
  • VergabeR - Vergaberecht
  • Heft 4/2021
    S.405-414
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Aufsatz

§ 99 Nr. 2 GWB

Abstract
In seinem Beitrag geht der Autor der Frage nach, ob politische Parteien und Parlamentsfraktionen als funktionelle öffentliche Auftraggeber i.S.d. § 99 Nr. 2 GWB zu bewerten sind und demnach dem persönlichen Anwendungsbereich des Kartellvergaberechts unterfallen. Im Beitrag setzt sich der Autor zunächst im Detail mit den Tatbestandsvoraussetzungen des § 99 Nr. 2 GWB auseinander und stellt seine Analyse differenziert für Parteien und Fraktionen dar. Der Autor kommt zu dem Ergebnis, dass jedenfalls Fraktionen alle Voraussetzungen des funktionellen Auftraggeberbegriffs erfüllen. Im Hinblick auf Parteien soll dies ebenfalls indiziert sein, es bedarf jedoch stets einer Einzelfallprüfung, ob die Parteien bzw. deren Bundes- und Landesverbände auch tatsächlich eine überwiegende staatliche Finanzierung gemäß § 99 Nr. 2 a) GWB aufweisen können. Insoweit wäre dann der persönliche Anwendungsbereich des Vergaberechts eröffnet. In einem weiteren Komplex untersucht der Autor, ob die „besondere Rechtsstellung“ von Parteien (u.a. aus Art. 21 GG, § 1 PartG) und Fraktionen (vgl. § 46 Abs. 3 AbgG) einer Anwendung des Vergaberechts entgegensteht. Dies wird im Ergebnis verneint.
In seinem Fazit weist der Autor darauf hin, dass in der Praxis das Beschaffungsvolumen von Fraktionen sowie von den – verwaltungsorganisatorisch eher klein ausfallenden – Bundes- und Landesverbänden der Parteien eher gering ausfallen dürfte und sich somit stets die Thematik der Erreichung/Überschreitung des EU-Schwellenwertes stellt. Folgefragen ergeben sich dann im Hinblick auf die Anwendung des Unterschwellenvergaberechts. Als weiterführende Lektüre zu den untersuchten Rechtsfragen ist abschließend noch auf die jüngst erschienene Dissertation des Autors mit dem Titel „Die Anwendung des Vergaberechts auf Parteien und Fraktionen“ (Hamburg, 2021) hinzuweisen.
Dr. Rajiv Chandna , Rechtsanwalt , Frankfurt am Main