Was die Konkurrenz noch tun kann
Titeldaten
- Noch, Rainer
- Vergabe Navigator
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Heft 6/2021
S.30-32
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Aufsatz
Abstract
Der Autor befasst sich in seinem Aufsatz mit der Frage, inwiefern ein nicht berücksichtigter Bieter gegen eine de-facto-Vergabe vorgehen kann, wenn er sich für einen leistungsfähigen Wettbewerber hält. Nach § 101b a.F. GWB begann die Frist für die Beantragung der Unwirksamkeit mit der Kenntnis des Verstoßes. In der neuen Vorschrift des § 135 GWB wird auf die Information der betroffenen Bieter abgestellt. Kernfrage sei daher, welche Anforderungen an diese Information nach § 135 Abs. 2 GWB zu stellen sind. Der Autor stellt zunächst fest, dass die Vergabe ohne Wettbewerb eine Konsequenz habe, nämlich, dass es keine Vorabmitteilung an die Zuschlagserteilung gebe; damit laufe aber auch die Vorschrift des § 135 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Satz 1, 1. Alternative GWB leer. Daraus ergebe sich die Frage, wie sich ein Konkurrent gegen eine wettbewerbslose Vergabe wehren könne, denn in keinem Falle werde in dieser Konstellation die Frist des § 135 Abs. 2 GWB ausgelöst. Der Autor geht dann auf eine Entscheidung der VK Bund (Beschluss vom 19.02.2021 – VK 1-120/2) ein. In der Entscheidung hatte die VK die Antwort auf eine Rüge als Information nach § 135 Abs. 2 GWB gewertet, die Frist von 30 Tagen war aber bereits abgelaufen. Nach der Kammer sei eine Rechtsbehelfsbelehrung entbehrlich gewesen, denn es handele sich bei der Frist des § 135 Abs. 3 GWB nicht um eine Rechtsbehelfsfrist, sondern um eine Ausschlussfrist. Diese Argumentation ist dem Autor nach aber nicht überzeugend, denn das entsprechende EU-Standardformular für die Bekanntmachung wettbewerbslos vergebener Aufträge weise auf eine Rechtsbehelfsfrist hin. Daran anschließend stellt der Autor sich die Frage, wie damit umzugehen ist, wenn der Bieter die Auftragsvergabe durch „Zufall“ herausfinde. Hierin liege nach dem Kammergericht Berlin (Beschluss vom 08.06.2020 – Verg 1002/20) aber keine Information, da kein aktives Handeln durch die Vergabestelle vorliege. Anschließend setzt sich der Beitrag mit einer neueren Entscheidung der OLG Koblenz (Beschluss vom 27.01.2021 – Verg 1/19) auseinander, wonach die Frist des § 135 Abs. 2 GWB nicht auf die Direktvergabe anwendbar sei, da eben kein zweiter Bieter existiere, der informiert werden könne. Danach geht der Autor auf die Möglichkeit der Verkürzung der sechsmonatigen Frist des § 135 Abs. 2 GWB durch eine freiwillige Bekanntmachung nach § 135 Abs. 3 GWB vor Durchführung der Vergabe ein. Der Auftraggeber müsse hier nur die gesetzliche Wartefrist zwischen Bekanntmachung und Zuschlag einhalten. Der Auftraggeber erhalte dann schon nach 30 Tagen Rechtssicherheit. Danach stellt der Beitrag fest, dass die gesetzlich normierten Fristen nicht verlängerbar seien, aus Gründen der Rechtssicherheit. Abschließend stellt der Autor fest, dass wenn eine Vergabeentscheidung die oben dargestellten Fristen unbeschadet überstanden habe keine Möglichkeit mehr bestehe, die Ausführung des Auftrages zu stoppen. Hier stellt er insbesondere die Entscheidung der VK Südbayern (Beschluss vom 03.05.2021 – 3194.Z3-3_01-21-26) vor, wonach nach Ablauf der Fristen des § 135 GWB keine Möglichkeit mehr bestehe gegen die Durchführung des Vertrages vorzugehen. Ein entsprechender Nachprüfungsantrag sei unzulässig.
Aline Fritz, FPS Fritze Wicke Seelig Partnerschaftsgesellschaft von Rechtsanwälten, Berlin