Vom objektiven Empfängerhorizont

Bieter müssen die Vergabeunterlagen sorgfältig auslegen – Der typische Fall
Titeldaten
  • Noch, Rainer
  • Vergabe Navigator
  • Heft 2/2023
    S.29-31
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Aufsatz

Abstract
Der Beitrag stellt die Grundsätze der Auslegung der Vergabeunterlagen anhand eines Praxisbeispiels dar. Ausgehend von einer Entscheidung der VK Rheinland- Beschluss v. 18.11.2022 – VK 35/22 arbeitet der Verfasser anhand der Rechtsprechung die Auslegungsgrundsätze heraus. Bedürfen die Vergabeunterlagen der Auslegung, sei dafür der objektive Empfängerhorizont der potenziellen Bieter, also eines abstrakt bestimmten Adressatenkreises, maßgeblich. Die Auslegung der Vergabeunterlagen finde ihre Grenzen, wo sie unauflösbare Widersprüche enthalten. Die Auslegung sei hingegen möglich, wenn sie in Anbetracht der für den Auftrag gesetzten Rahmenbedingungen zu einem eindeutigen Ergebnis führe. An Eindeutigkeit der Vergabeunterlagen fehle es erst dann, wenn auch nach intensiven Auslegungsbemühungen des Bieters mehrere Verständnismöglichkeiten verbleiben. Der Bieter müsse sich dann jedoch fragen, was die Vergabestelle aus ihrer Interessenlage heraus wirklich gewollt habe. Abschließend zeigt er auf, dass eine Kollisionsklausel des Auftraggebers zur Abwehr von Auslegungswidersprüchen in den Vergabeunterlagen unwirksam sein kann, wenn sie nicht direkt bei den Eignungskriterien veröffentlicht wird.
Robert Thiele, MBA, TK / BMI, Berlin