Zuwendungen und Vergaberecht – zu Entkoppelungstendenzen, Rückforderungsvorgaben und weiterer Ermessensausübung

Titeldaten
  • Gass, Georg
  • ZfBR - Zeitschrift für deutsches und internationales Bau- und Vergaberecht
  • 2023
    S.653-567
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Aufsatz

Abstract
Der Autor zeigt in seinem Aufsatz auf, dass die Entwicklung des Zuwendungs- und Vergaberechts in den letzten Jahren in Deutschland eine tendenzielle Entkoppelung aufweist. Diese Entkoppelung sei jedoch nicht bundeseinheitlich gleich stark ausgeprägt. Sowohl auf Bundesebene als auch zwischen den verschiedenen Bundesländern bestehen deutliche Unterschiede in den Auflagen für Zuwendungsbescheide und den Anforderungen bei der Auftragsvergabe. Dies habe zur Folge, dass Zuwendungsempfängern unterschiedlich stark ermöglicht wird, Aufträge im Rahmen ihrer geförderten Projekte zu vergeben. In seinen Ausführungen geht der Autor insbesondere auf die Gegebenheiten in den Bundesländern Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Niedersachen und Bayern ein. Im Laufe der Zeit seien die zuwendungsrechtlichen Vergabeauflagen insbesondere für kleinere Zuwendungsempfänger gelockert worden, um den Bedürfnissen dieser Gruppe besser gerecht zu werden. Es wurde argumentiert, dass die strengen Auflagen zu kompliziert seien und zu vielen Beanstandungen führen würden. Die Entwicklungen der Auflagen variieren von Bundesland zu Bundesland, wobei einige Länder, wie etwa Bayern und Nordrhein-Westfalen, ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften für den Fall schwerer Vergabeverstöße erlassen haben, während andere, wie etwa der Bund, sich dieser Instrumente nicht bedient haben. Die Rechtsprechung betone, dass die Auflagen dazu dienen, einen breiten und transparenten Wettbewerb sicherzustellen, und dass es grundsätzlich im Ermessen des Zuwendungsgebers liege, wie er Zuwendungen vergibt. Die Zuwendungsbehörden müssen jedoch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz beachten und bei schweren Verstößen eine angemessene Ermessensabwägung vornehmen. Unter Hinweis auf die Europäische Kommission und deren Leitlinien für die Festsetzung von Finanzkorrekturen bei Verstößen gegen Vergabevorschriften in EU-finanzierten Projekten weist der Aufsatz darauf hin, dass auch diese Vorschriften für nationale Zuwendungsgeber relevant seien. Der Aufsatz kommt zu dem Schluss, dass die Entkoppelung von Zuwendungs- und Vergaberecht in Deutschland zu einer Vielzahl von Regelungen geführt hat, die von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich sind. Dies kann sowohl Vor- als auch Nachteile für Zuwendungsempfänger haben, je nachdem, wie die Auflagen und Ermessenregelungen gestaltet sind. Nach der Auffassung des Autors wäre es wünschenswert, eine einheitliche und transparente Regelung auf Bundesebene zu schaffen.
Charlotte Thönißen, FPS Fritze Wicke Seelig Partnerschaftsgesellschaft von Rechtsanwälten mbB, Frankfurt am Main