Keine Ausnahme vom Vergaberecht für Kooperationen

Titeldaten
  • Wolf , Florian; Ader, Ramona
  • NZBau - Neue Zeitschrift für Bau- und Vergaberecht
  • Heft 10/2023
    S.653-655
Zusätzliche Informationen:
Aufsatz

§ 103 Abs. 1 GWB, § 160 Abs. 3 S.2 GWB

• OLG Frankfurt a. M., Beschl. v. 31.10.2022 – 11 Verg 7/21, NZBau 2023, 688

Abstract
Der Beitrag kommentiert die Entscheidung des OLG Frankfurt a.M. vom 31.10.2022. Beleuchtet wird neben Fragen der Antragsbefugnis insbesondere, unter welchen Voraussetzungen ein Kooperationsvertrag dem Vergaberecht unterfällt und ob bei einer drohenden de facto-Vergabe eine Rüge Zulässigkeitsvoraussetzung für einen Nachprüfungsantrag ist. Der Entscheidung des OLG lag der geplante Abschluss eines Kooperations- und Pachtvertrages zu zwei Stromversorgungsnetzen zugrunde, dessen Leistungen teilweise Merkmale eines öffentlichen Auftrages aufwiesen. Der Vergabesenat hatte entschieden, dass die Ausgestaltung als Kooperation nicht zwingend dazu führe, dass der Vertrag aus dem Anwendungsbereich des Vergaberechts herausfällt. Dem atypisch gestalteten Vertrag habe im entschiedenen Fall ungeachtet seiner Bezeichnung ein Beschaffungszweck zugrunde gelegen, da zusätzliche, einklagbare Verpflichtungen begründet würden, welche ihrem Inhalt nach über bloße „Nebenfolgen“ hinausgingen. Auch wenn die Autoren diese Entscheidung als im Ergebnis richtig erachten, kritisieren sie, dass unklar bleibe, wann die Grenze der bloßen „Nebenfolge“ überschritten und ein Beschaffungsbezug anzunehmen ist. Die vom EuGH entwickelten Grundsätze zur Veräußerung von Grundstücken durch die öffentliche Hand könnten hier herangezogen werden. Zum Merkmal der Entgeltlichkeit bei Prüfung des Beschaffungsbezuges wird ausgeführt. Im Falle einer drohenden de facto-Vergabe ist es den Verfassern zufolge vorzugswürdig, in entsprechender Anwendung des § 160 Abs. 3 Satz 2 GWB auf das Erfordernis einer Rüge zu verzichten. Gleichwohl empfehlen die Autoren sicherheitshalber eine Rüge, um eine Zurückweisung des Nachprüfungsantrages zu vermeiden.
Christian Below, kbk Rechtsanwälte, Hannover