Neues aus dem Norden: Kein Ende der Wartefrist an Sonn- und Feiertagen?

Titeldaten
  • Ziegler, Andreas
  • NZBau - Neue Zeitschrift für Bau- und Vergaberecht
  • Heft 4/2024
    S.203-206
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Aufsatz

Abstract
Der Beitrag befasst sich mit der Frage, wie damit umzugehen ist, wenn der Ablauf der Wartefrist nach § 134 Abs. 2 GWB auf einen Sonn- oder Feiertag fällt. Der Autor untersucht dabei ein Urteil des OLG Bremen, dass das bisher herrschende Verständnis in einem Obiter Dictum in Zweifel zieht. Zunächst wird der Fall, der dem Urteil des OLG Bremen zugrunde liegt dargestellt. Dort hat ein Bieter an einem Donnerstag die Vorabinformation erhalten, dass sein Angebot ausgeschlossen werde und dass nach Ablauf der Wartefrist von 10 Tagen (auf einen Sonntag fallend), am übernächsten Montag der Zuschlag auf ein anderes Angebot erteilt werde. Der Bieter rügte zunächst den Ausschluss und reichte dann einen Nachprüfungsantrag ein, der der Vergabekammer erst am besagten Montag um 00:49 Uhr (!) zuging. Als die Vergabekammer das Zuschlagsverbot erteilen wollte, hatte die Vergabestelle den Zuschlag bereits erteilt. Der Bieter monierte daraufhin, dass die Frist des § 134 Abs. 2 BGB rechtswidrig auf einen Sonntag fiele. Die Vergabekammer hielt den Nachprüfungsantrag dennoch für unzulässig. Das OLG Bremen entschied in zweiter Instanz anders. Der Nachprüfungsantrag sei zulässig, da es in den Fällen des § 135 Abs. 1 GWB auch nach Zuschlagserteilung möglich sei, die Unwirksamkeit eines öffentlichen Auftrags festzustellen, wenn der öffentliche Auftraggeber – wie hier vom Bieter gerügt – gegen § 134 GWB verstößt. Ob tatsächlich ein Verstoß vorliegt, sei aber erst im Rahmen der Begründetheit des Nachprüfungsantrags zu klären. Da der Nachprüfungsantrag im vorliegenden Fall aus anderen Gründen unbegründet war, hat das OLG Bremen diese Frage allerdings nicht abschließend entschieden. In seinem Obitur Dictum hat es sich das Gericht aber nicht nehmen lassen, die herrschende Meinung in Judikatur und Schrifttum in Frage zu stellen. So führt es insbesondere an, dass Art. 3 Abs. 4 Satz 1 VO (EWG, Euratom) Nr. 1182/71 anordne, dass sich eine an einem Sonntag ablaufende Frist auf den anschließenden Arbeitstag verlängere. Eine Ausnahme gelte nur dann, wenn es sich um eine rückwärts zu berechnende Frist handele. Die herrschende Rechtsprechung und Literatur sind der Auffassung, dass es sich um eine solche rückwärts zu berechnende Frist handele, da Anknüpfungspunkt für die Berechnung der Wegfall des Zuschlagsverbots sei. Das OLG Bremen ist der Auffassung, es handele sich im eine vorwärts zu berechnende Frist, da der Wortlaut von § 134 Abs. 2 GWB die Absendung der Vorabinformation als maßgeblichen Zeitpunkt nennt. Unabhängig davon stellt sich der Autor die Frage, ob nicht auch § 193 BGB (analog) in diesem Fall herangezogen werden kann. Die Auffassung, eine solche Anwendung sei nicht möglich, da § 134 GWB – anders als § 193 BGB (analog) – nicht auf die Abgabe einer Willenserklärung gerichtet sei, überzeugt den Autor nicht bedingungslos. Schließlich sei die Annahme eines Bieterangebots zivilrechtlich durchaus eine Willenserklärung. In seinem Fazit stellt der Autor fest, dass es überzeugende Gründe für die Anwendung der Feiertagsregelung auf § 134 GWB gebe, deren Durchsetzung sich aber erst noch zeigen werde.
Linda Siegert, ESCHE SCHÜMANN COMMICHAU Rechtsanwälte Wirtschaftsprüfer Steuerberater Partnerschaftsgesellschaft mbB, Hamburg