Inhouse-Vergabe bei Fördermittelempfängern

Titeldaten
  • Golz, Marisa-Therese ; Hohensee, Marco Michael
  • Vergabe News
  • Heft 5/2024
    S.78-82
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Aufsatz

Abstract
Öffentliche Auftraggeber i.S.d. § 99 Nr. 1–3 GWB haben entsprechend dem Wortlaut des § 108 GWB die Möglichkeit, ohne Beachtung vergaberechtlicher Regelungen Aufträge an juristische Personen des privaten Rechts zu vergeben, wenn die dort genannten Voraussetzungen gegeben sind. Zudem sieht § 138 GWB ebenfalls eine Ausnahme von der Anwendung vergaberechtlicher Regelungen für Sektorenauftraggeber (§ 100 Abs. 1 GWB) vor, wenn diese Aufträge an verbundene Unternehmen vergeben. Im Rahmen dieses Aufsatzes fragen sich die Autoren, ob diese Möglichkeit auch für Fördermittelempfänger und öffentliche Auftraggeber i.S.d. § 99 Nr. 4 GWB gilt? Sie stellen dar, dass grundsätzlich auch private Unternehmen an das Vergaberecht gebunden sind, wenn sie staatliche Mittel zur Beschaffung erhalten. Diese Bindung könne gem. § 99 Nr. 4 GWB oder mittels der Nebenbestimmungen des Zuwendungsbescheides erfolgen. Ausnahmen von der Bindung an das Vergaberecht bei der Inhouse-Vergabe können gem. § 108 GWB bestehen. Die Voraussetzungen dieser Norm kann ein privates Unternehmen per se zwar nicht erfüllen, jedoch dürfe eine Übertragbarkeit auf Fördermittelempfänger und öffentliche Auftraggeber nach § 99 Nr. 4 GWB nicht abwegig sein. Es bestehe grundsätzlich kein Widerspruch zu den vergaberechtlichen Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit. Eine Ausschreibungspflicht bestehe nur dann, wenn Zuwendungsempfänger Aufträge an Dritte unter Nutzung von Zuwendungsmitteln vergeben. Die Beschaffung über Tochter- oder Schwesterunternehmen ist als Selbstvornahme und nicht als Marktleistung anzusehen. Die Autoren kommen zu dem Ergebnis, dass eine vergaberechtsfreie Vergabe von Aufträgen eines privaten Fördermittelempfängers insofern möglich sein dürfte. Voraussetzung sei, dass der Auftrag von einem privaten Fördermittelempfänger an ein verbundenes Unternehmen vergeben wird. Entscheidend dafür sei ein bestehendes Beherrschungsverhältnis zwischen dem Fördermittelempfänger und dem beauftragten Unternehmen.
Charlotte Thönißen, FPS Fritze Wicke Seelig Partnerschaftsgesellschaft von Rechtsanwälten mbB, Frankfurt am Main