Information Overload?- Vorabinformationspflicht nach Miniwettbewerb bei Rahmenvereinbarungen

Titeldaten
  • Müller, Anne; Kirch, Thomas
  • NZBau - Neue Zeitschrift für Bau- und Vergaberecht
  • Heft 5/2024
    S.254-257
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Aufsatz

§ 134 GWB

Abstract
Der Beitrag befasst sich mit der Frage, ob im Falle von (Mehrpartner-)Rahmenvereinbarungen, bei denen nach Abschluss der Rahmenvereinbarung als solcher die Vergabe der Einzelaufträge mithilfe von Miniwettbewerben vorgesehen ist, die Regelungen des § 134 GWB, also die Verpflichtung zur Vorabinformation der unterlegenen Bieter und die 10- bzw. 15-tägige Wartefrist, auch für die Vergabe der Einzelaufträge im Rahmen des Miniwettbewerbs zur Anwendung kommen. Entgegen der herrschenden Auffassung in der Kommentarliteratur und der nur punktuell vorliegenden Spruchpraxis gelangen die Autoren zu dem Ergebnis, dass die Verpflichtungen des § 134 GWB lediglich bei Abschluss der Rahmenvereinbarung selbst gelten, nicht jedoch in den später auf dieser Grundlage durchgeführten Miniwettbewerben. Vor dem Hintergrund, dass das Unionsvergaberecht diese Frage explizit den Mitgliedstaaten überlasse, vertreten sie die Auffassung, dass weder der Wortlaut der maßgeblichen Regelungen (§ 134 GWB, § 21 VgV) noch deren Systematik und ebensowenig der Sinn und Zweck der Durchführung von Miniwettbewerben darauf hindeuteten, dass die Einzelauftragserteilung vom Anwendungsbereich der Vorabinformations- und Wartepflichtregelungen erfasst werde. Im Übrigen seien die Bieter insoweit nicht rechtsschutzlos gestellt, weil im Falle der Verletzung von Verfahrensvorschriften bei der Erteilung der Einzelaufträge jedenfalls dann, wenn der Auftragswert oberhalb des EU-Schwellenwertes liegt, eine unzulässige sogenannte de facto-Vergabe vorliege mit der Folge, dass nach Maßgabe des § 135 GWB deren Unwirksamkeit festgestellt werden könne.

Dr. Martin Dieckmann, ESCHE SCHÜMANN COMMICHAU, Hamburg