Tarifanwendung bei der öffentlichen Auftragsvergabe

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  • Caspers, Georg
  • Heft ZFA - Zeitschrift für Arbeitsrecht/2024
    S.225-244
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Aufsatz

Abstract
Der Autor schildert den Werdegang von Tariftreuepflichten bei öffentlichen Auftragsvergaben seit dem Rüffert-Urteil des EuGHs vor rund 15 Jahren, Anlass ist der jüngste Entwurf eines sogenannten Bundestariftreugesetzes. Bei Beachtung der unionsrechtlichen wie verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine Tariftreueregelungen kommt der Autor zum Fazit, dass konstitutive Tariftreueverpflichtungen nicht mit der unionsrechtlich maßgeblichen Entsenderichtlinie in Einklang zu bringen seien.
Zunächst grenzt der Autor konstitutive Tarifbindungen von nur deklaratorischen Verweisen auf ohnehin bestehende gesetzliche Verpflichtungen, z.B. der Zahlung eines Mindestentgelts gem. MiLoG, ab. Konstitutive Tariftreueanforderungen wiederum zeichneten sich durch die Bindung von bisher nicht tarifgebundenen Unternehmen aus. Wiederum anders gelagert sei der Fall des geplanten Bundestariftreuegesetzes, welches Anleihen am saarländischen Tariftreue-Gesetzes nehme. Der Aufsatz beschreibt, dass in beiden Fällen Kernarbeitsbedingungen eines Tarifvertrages vergabespezifisch in einer Rechtsverordnung umgesetzt werden.
Aber auch für dieses Modell verneint der Autor die Vereinbarkeit mit Unionsrecht. Dass der gesetzliche Mindestlohn überschritten wird und ausländische Bieter über das Arbeitnehmer-Entsendegesetz hinaus verpflichtet werden, sei weiterhin möglich. Dieser wesentlichen Kritik des EuGHs aus dem Rüffert-Urteil, dass im Bereich der öffentlichen Auftragsvergabe so ein höheres Schutzniveau als im privaten Bereich gelten würde, werde auch diese Modell nicht gerecht.
Julius Reinhold, kbk Rechtsanwälte, Hannover