Modulbauweise und Gesamtvergabe in den Grenzen des Leistungsbestimmungsrechts

Titeldaten
  • Tenner, Jan; Brousse, Laurent
  • VergabeR - Vergaberecht
  • Heft 3/2024
    S.253-264
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Aufsatz

97 Abs. 4 GWB

Abstract
Die Autoren erläutern zunächst, was die Modulbauweise ist und welche Gründe für ihren Einsatz sprechen. Die Autoren führen aus, dass die Modulbauweise bei öffentlichen Auftraggebern beliebt ist, da sie eine schnelle Deckung des Bedarfs an Gebäuden und Bauteilen ermögliche. Es wird betont, dass Gesamtvergaben für Bauvorhaben in Modulbauweise üblich und in der Regel technisch erforderlich sind, um die Vorteile dieser Bauweise optimal zu nutzen. Das Gebot der Losvergabe (§ 97 Abs. 4 GWB) wird erläutert. In diesem Zusammenhang gehen die Autoren auf das Leistungsbestimmungsrecht des öffentlichen Auftraggebers und dessen Grenzen vertieft ein. Die Ausnahmen vom Grundsatz der Losvergabe werden eingehend dargestellt (§ 97 Abs. 4 Satz 3 GWB und § 5 EU Abs. 2 Nr. 1 Satz 3 VOB/A). Die Autoren gehen auf die wirtschaftlichen Aspekte ein und erklären, dass die räumliche Trennung der Bau- und Konstruktionsorte bei der Modulbauweise ermögliche, Leistungen parallel zu erbringen, ohne dass Verzögerungen an einem Ort die Arbeiten am anderen beeinträchtigen. Dies biete den Vorteil, dass beispielsweise Witterungsbedingungen, die die Arbeiten an einem Ort unterbrechen, den Fortschritt an anderen Orten nicht behindern. Im Gegensatz dazu könnten Verzögerungen in einem Gewerk oder Bauabschnitt bei konventioneller Bauweise direkte zeitliche Konsequenzen für folgende Abschnitte haben. Es wird betont, dass es wichtig sei, nicht nur die unmittelbaren Ausgaben bis zur Fertigstellung des Bauprojekts zu betrachten, sondern auch den ökonomischen Nutzen einer frühen Inbetriebnahme der Immobilie zu berücksichtigen. Obwohl die Baukosten zwischen konventioneller und modularer Bauweise teilweise identisch sein können, biete die modulare Bauweise aufgrund ihrer früheren Nutzbarkeit finanzielle Vorteile. Eine frühere Inbetriebnahme könne die Kapitalamortisation des Investitionsprojekts beschleunigen und potenzielle Kreditlaufzeiten verkürzen. Zudem können ökologische Vorteile einer kürzeren Bauzeit sich finanziell auswirken, so die Autoren. Weitere Aspekte werden ausführlich dargestellt. Es wird betont, dass eine Dokumentation der Gründe für die Gesamtvergabe im Einzelfall gründlich erfolgen muss. Die Autoren ziehen das Fazit, dass die Beschaffung von Leistungen in Modulbauweise rechtssicher möglich ist. Öffentliche Auftraggeber hätten Gestaltungsräume bei der Ausübung ihres Leistungsbestimmungsrechts und der Art und Weise der erforderlichen Dokumentation.
Elias Könsgen, kbk Rechtsanwälte, Hannover