Generalklausel kein Rettungsanker

Änderungen der Vergabeunterlagen im Angebot werden hierdurch nicht geheilt
Titeldaten
  • Noch, Rainer
  • Vergabe Navigator
  • Heft 5/2024
    S.24-26
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Aufsatz

Abstract
Der Beitrag befasst sich ausgehend von der Entscheidung der VK-Bund, Beschluss vom 4.3.2024 - VK 1-16/24 mit der Frage, ob Generalklausel in Angeboten, dass das Angebot alle Anforderungen, welche in den Vergabeunterlagen und der Bekanntmachung enthalten sind, erfüllen würde eine Angebotsausschluss bei tatsächlichen Abweichungen des Angebots von den Anforderungen der Vergabeunterlagen verhindern kann. Die VK Bund entschied, dass auch die Generalklausel des Bieters nicht geeignet sei, die Abweichung des von den Vergabeunterlagen zu heilen. Dem stehe die allgemeine juristische Auslegungsregel entgegen, wonach die speziellere Norm der allgemeinen bei der Anwendung auf einen Sachverhalt vorgehe. Daher sei die Bietererklärung hinsichtlich der Übereinstimmung mit den Vergabeunterlagen dahingehend auszulegen, dass die konkrete vertragliche Verpflichtung eine solche allgemeine Auffangklausel verdrängt. Der Verfasser weist auf eine Entscheidung der VK Rheinland im Beschluss vom 1.6.2022 - VK 11/21 hin, in der jedoch die verwendete Generalklausel den Vergabeunterlagen eindeutig den Vorrang in der Geltung eingeräumt hatte. Hinsichtlich der Entscheidung des BGH vom 18.6.2019 - X ZR 86/17 die der Verfasser für falsch hält, zeigt er auf, dass bei einer individuellen abweichenden Angebotsgestaltung, andern als bei beigefügten AGB es sich nicht um eine versehentlich bzw. unbeabsichtigter Abweichung handelt. Eine Kollisionsklausel, die bei auslegungsbedürftigen Abweichungen, welche nicht offensichtlich beabsichtigt sind, den Vergabeunterlagen ausdrücklich den Vorrang gibt, sei somit heilsam. Eine Generalklausel, welche sich darauf beschränkt, Abweichungen zu negieren, genüge jedoch nicht. In seinem Fazit weißt er daraufhin, dass der BGH 2019 die Tür zur angebotserhaltenden Betrachtung von Abweichungen einen Spalt weit aufgemacht habe, der Spalt aber sehr eng sei und nur Abweichungen umfasse, die offensichtlich unbeabsichtigt sind.
Robert Thiele, MBA, TK / BMI, Berlin