„Marktordnung und Vergabewettbewerb“

Titeldaten
  • Tresselt, Wiland ; Herrlich, Lara
  • VergabeR - Vergaberecht
  • Heft 6/2024
    S.696-706
Zusätzliche Informationen:
Aufsatz

§ 97 GWB

KG, 1.3.2024, Verg 11/22

Abstract
Der Aufsatz behandelt aus Anlass einer Entscheidung des Berliner Kammergerichts vom 01.03.2024 (Verg 11/22) die Frage, inwieweit nach geltendem Vergaberecht der öffentliche Auftraggeber wettbewerbsrelevante Unterschiede in der Marktstellung verschiedener Bieter ausgleichen darf oder sogar muss. Nachdem die Verfasser zunächst Beispiele für positivrechtliche Verpflichtungen zum Vorteilsausgleich (u.a. § 7 VgV in Bezug auf „vorbefasste“ Unternehmen und die Loslimitierung nach § 30 VgV) behandelt und die bisherige Rechtsprechung zum (sonstigen) Vorteilsausgleich nachgezeichnet haben, setzen sie sich mit der aktuellen Entscheidung des Kammergerichts zum Ausgleich der Wettbewerbsnachteile von Anbietern im Schienenpersonennahverkehr und möglichen Kompensationsmaßnahmen auseinander, die im konkreten Fall die beim Bestandsauftragnehmer vorhandene Schieneninfrastruktur (Gleisanschlüsse für Werkstätten) betrafen. Sie analysieren die Entscheidung im Einzelnen, ordnen sie dogmatisch in den Kontext der bisherigen Rechtsprechung ein und zeigen die Grenzen auftraggeberseitiger „Ausgleichsmaßnahmen“ unter vergaberechtlichen und auch beihilferechtlichen Gesichtspunkten auf. Im Fazit kommen sie zu dem Schluss, dass ein Ausgleich unterschiedlicher Marktstellungen der Bieter im Vergabeverfahren nur erfolgen solle, wenn diese auf Maßnahmen des Auftraggebers im unmittelbaren Vorfeld der Ausschreibung zurückzuführen oder sonst von diesem veranlasst sind. Namentlich sollte das Vergaberecht nicht zu Zwecken der Marktordnung eingesetzt werden.
Dr. Martin Dieckmann, ESCHE SCHÜMANN COMMICHAU, Hamburg