Dem Wettbewerb verpflichtet – Drei aktuelle Entscheidungen des EuGH
Titeldaten
- Hattig Oliver; Oest, Tobias
- Vergabe Navigator
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Heft 2/2025
S.5-7
Zusätzliche Informationen:
Aufsatz
Abstract
Die Verfasser beleuchten in ihrem Beitrag drei aktuelle Entscheidungen des EuGH, in denen die Auftraggeber zu mehr Transparenz und Wettbewerb verpflichtet wurden. In der Entscheidung EuGH, Urteil vom 16.01.2025, C-424/23 stellte der EuGH klar, dass öffentliche Auftraggeber bei der technischen Leistungsbeschreibung Materialien nicht ohne Zusatz „oder gleichwertig“ vorschreiben dürfen, sofern keine zwingenden Gründe vorliegen. Die Wahl des Baustoffs muss objektiv gerechtfertigt und offen für Alternativen sein. In der Entscheidung EuGH, Urteil vom 24.10.2024, C-513/23 konkretisierte der EuGH, dass jede Bezugnahme auf technische Normen zwingend mit dem Zusatz „oder gleichwertig“ zu versehen ist, um eine diskriminierungsfreie Teilnahme am Vergabeverfahren zu ermöglichen. Dies gelte unabhängig davon, ob tatsächlich gleichwertige Alternativen bekannt sind. In der dritten Entscheidung EuGH, Urteil vom 09.01.2025, C-578/23 stellte der EuGH fest, dass ein Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung nicht auf ein Ausschließlichkeitsrecht gestützt werden kann, wenn dieses durch frühere Entscheidungen des Auftraggebers selbst herbeigeführt wurde. Damit wird die Praxis eingeschränkt, herbeigeführte entstandene Exklusivverhältnisse nachträglich als Rechtfertigung für weitere Direktvergaben zu nutzen. Alle drei Entscheidungen betonen das Wettbewerbsprinzip. Öffentliche Auftraggeber sollen die Vielfalt technischer Lösungen zulassen und alles unternehmen, um wettbewerbsoffene Verfahren zu ermöglichen. Das Leistungsbestimmungsrecht werde zugunsten des diskriminierungsfreien Marktzugangs deutlich eingeschränkt. Auch nationale Regelungen wie § 31 Abs. 2 VgV und § 7a EU VOB/A seien im Lichte dieser Rechtsprechung restriktiv auszulegen.
Robert Thiele, MBA, TK / BMI, Berlin