Ausschlussfristen im System des Unionsprozessrechts

Untertitel
- Zugleich Reformvorschläge zum § 135 Abs. 2 GWB
Autor
Chen, Hsi-Ping
Normen
§ 135 Abs. 2 S. 1 Alt. 1 GWB
§ 135 Abs. 2 S. 2 GWB
§ 101a Abs. 2 S. 1 1.Alt. GWB a.F.
Heft
153-166
Jahr
2021
Seite(n)
153-166
Titeldaten
  • Chen, Hsi-Ping
  • VergabeR - Vergaberecht
  • Heft 153-166/2021
    S.153-166
Zusätzliche Informationen:
Aufsatz

§ 135 Abs. 2 S. 1 Alt. 1 GWB, § 135 Abs. 2 S. 2 GWB, § 101a Abs. 2 S. 1 1.Alt. GWB a.F.

Daniel Bens, avocado rechtsanwälte, München
Abstract
Der Autor setzt sich in seinem Beitrag mit dem System der Ausschlussfristen gemäß § 135 Abs. 2 GWB auseinander. Er erläutert, inwiefern dieses System von den unionsrechtlichen Anforderungen abweicht und somit nach seiner Ansicht ein legislatorisches Missgeschick darstellt. Zum Abschluss plädiert er für eine Reform des Systems der Ausschlussfristen.

Hierfür beschreibt er zunächst den Stellenwert vergabespezifischer Ausschlussfristen, wobei er das Spannungsfeld zwischen effektivem Rechtsschutz und Stabilität und Rechtssicherheit des Vergabeverfahrens bzw. des Beschaffungsvorgangs darstellt.

Anschließend setzt er sich vertieft mit den Anforderungen an nationale Ausschlussfristen auseinander, wobei er sich insbesondere mit den Anforderungen an den Beginn und das Ende einer Ausschlussfrist beschäftigt. Dieses System unterzieht er einer ausführlichen dogmatischen Prüfung anhand der europarechtlichen Vorgaben der Rechtsmittelrichtlinie. Er kommt hierbei zu dem Ergebnis, dass die absolute Sechs-Monats-Frist des § 135 Abs. 1 GWB für europarechtskonform und sachgerecht sei. Die Ex-Post-Information des § 135 Abs. 2 S. 1 Alt. 1 GWB und die Ex-Post-Bekanntmachung des § 135 Abs.2 S. 2 GWB litten hingegen im Wesentlichen an Transparenzmängeln, da in beiden Fällen nach dem reinen Gesetzeswortlaut eine detaillierte Begründung nicht erforderlich sei, so dass die Erfolgsaussichten eines Nachprüfungsverfahrens nicht sinnvoll beurteilt werden könnten.

Aufgrund dieser Feststellungen plädiert der Autor dann dafür, dass eine subjektive Ausschlussfrist im Sinne des § 101 b Abs. 2 S. 1 1. Alt. GWB a.F. durchaus sinnvoll sei und zu Unrecht nicht ins neue Recht übernommen wurde.

Der Beitrag endet mit einem Vorschlag für eine Reform der Ausschlussfristen zu einem stärkeren Begründungserfordernis der Ex-Post-Information bzw. Ex-Post-Bekanntmachung im Sinne der Rechtsmittelrichtlinie.
Rezensent
Rezension abgeschlossen
ja

Die Anfechtung des Vertrages und die vergaberechtlichen Folgen für den öffentlichen Auftraggber

Autor
Zeller, Philipp
Heft
2
Jahr
2021
Seite(n)
167-173
Titeldaten
  • Zeller, Philipp
  • VergabeR - Vergaberecht
  • Heft 2/2021
    S.167-173
Zusätzliche Informationen:
Aufsatz

Dr. Moritz Philipp Koch, Information und Technik Nordrhein-Westfalen (IT.NRW), Düsseldorf
Abstract
Der Autor beginnt seinen Beitrag mit einem Blick auf die rechtliche und dogmatische Wirkung der
Anfechtung nach dem BGB und mit dem Hinweis, dass Vergaberecht und Vertragsrecht durch den
Zuschlag verknüpft werden. Er betont, der Zuschlag müsse im Falle einer Anfechtung rückwirkend
entfallen. Hierin sieht der Autor keinen Verstoß gegen § 168 Abs. 1 Satz 2 GWB, da die Anfechtung auf die
rückwirkende Unwirksammachung der Willenserklärung ziele. In einem zweiten Abschnitt beleuchtet der
Autor die vergaberechtlichen Konsequenzen einer Anfechtung und hebt hervor, dass das
Vergabeverfahren wiederauflebe und zu einem erneuten Abschluss gebracht werden müsse. Das Vorgehen
obliege dabei dem öffentlichen Auftraggeber, z.B. mit Blick auf den konkreten Beschaffungsgegenstand
und die gewählte Vergabeart. Der Autor weist aber zutreffend darauf hin, dass sich der konkrete
Beschaffungsbedarf aufgrund der Anfechtung grundsätzlich nicht geändert haben dürfte. Sodann
untersucht er die Fälle einer Änderung der Entscheidung zur Beschaffung am Markt und die Änderung der
Entscheidung über die Vergabeart. Einen genaueren Blick wirft der Autor auf die Art und den Zeitpunkt
der Anfechtung, wobei er insbesondere zwischen einer Anfechtung aufgrund eines Irrtums und einer
solchen aufgrund arglistiger Täuschung differenziert. Vergaberechtliche Konsequenz einer wirksamen
Anfechtung sei jedoch in allen Fällen die Prüfung eines Ausschlusstatbestsandes gegenüber dem früheren
Auftragnehmer in Bezug auf den Anfechtungsgrund. Der Beitrag schließt mit einer kurzen
Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse.
Rezension abgeschlossen
ja

Das Leistungsbestimmungsrecht des öffentlichen Auftraggebers und die Folgen

Autor
Probst, Michael
Heft
3
Jahr
2021
Seite(n)
238-242
Titeldaten
  • Probst, Michael
  • ZfBR - Zeitschrift für deutsches und internationales Bau- und Vergaberecht
  • Heft 3/2021
    S.238-242
Zusätzliche Informationen:
Aufsatz

Annett Hartwecker, PricewaterhouseCoopers Legal AG Rechtsanwaltsgesellschaft, Berlin
Abstract
Der Autor setzt sich in seinem Aufsatz mit dem Leistungsbestimmungsrecht des Auftraggebers
auseinander. Nachdem der Autor einleitend das Leistungsbestimmungsrecht skizziert, geht er auf dessen
rechtliche Grundlagen ein. Anschließend widmet er sich ausführlich den Grenzen des
Leistungsbestimmungsrechts. Ausgehend von den das Leistungsbestimmungsrecht beschränkenden,
vergaberechtlichen Grundsätzen, bei denen er ausführlich auf das Gebot der losweisen Vergabe eingeht,
beschäftigt sich der Autor mit der Entwicklung des Leistungsbestimmungsrecht in der Rechtsprechung.
Hier zeigt der Autor auf, dass sich die Entwicklung der Rechtsprechung zu den Grenzen des
Leistungsbestimmungsrechts spezifisch nach den in der Praxis auftretenden Problemen richte. So ergebe
sich bei unterbliebener Losaufteilung andere Grenzen des Leistungsbestimmungsrechts als bei der Rüge
fehlender Produktneutralität. Danach geht der Autor auf Einflüsse von Rechtsnormen außerhalb des
originären Vergaberechts ein. Hier nennt der Autor zuvorderst das Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG),
welches in den §§ 6 ff KrWG eine sog. Inzidenzprüfung fordert. Daher sei es Bietern vor den
Nachprüfungsinstanzen möglich, die Verletzung oder eine nicht ausreichende Berücksichtigung
kreislaufwirtschaftsgesetzlicher Vorgaben geltend zu machen und auf Grundlage dieses Vortrags auch eine
Überschreitung der Grenzen des Leistungsbestimmungsrechts zu rügen. Weiter untersucht der Autor die
Auswirkungen des Europa- und Verfassungsrechts auf das Leistungsbestimmungsrecht. Bei letzterem geht
der Autor insbesondere auf die kommunale Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 GG ein, die auch
bei Beschaffungen kommunaler Auftraggeber auf eine Art zu berücksichtigen sei, die diesen bei der
Leistungsbestimmung beschränke. Abschließend fasst der Autor zusammen, dass das
Leistungsbestimmungsrecht viel Raum zur Rechtsinterpretation gebe. Eine Begreifbarkeit des
Leistungsbestimmungsrechts des öffentlichen Auftraggebers könne wegen der unterschiedlichen
Ausprägungen nur durch eine umfassende Rechtsbetrachtung und Würdigung erfolgen, bei der
insbesondere auch verfassungsrechtliche Aspekte nicht außer Acht bleiben sollten.
Rezensent
Rezension abgeschlossen
ja

Vergaberechtlicher Protektionismus oder Hebel für weltweite Marktöffnung?

Untertitel
Zugang zu öffentlichen Beschaffungsmärkten als Mittel internationaler Handelspolitik
Autor
Stein, Roland
Steinhöfel, Elisa
Heft
2
Jahr
2021
Seite(n)
145-152
Titeldaten
  • Stein, Roland; Steinhöfel, Elisa
  • VergabeR - Vergaberecht
  • Heft 2/2021
    S.145-152
Zusätzliche Informationen:
Aufsatz

Filip Lewandowski, Richter (Verwaltungsgericht), Frankfurt (Oder)
Abstract
In Ihrem Beitrag besprechen die Autoren die Funktion des Vergaberechts als Steuerinstrument in der
internationalen Handelspolitik. Gemäß der Drittlandsklausel in § 55 der Sektorenverordnung haben
Auftraggeber ein Zurückweisungsermessen bei Angeboten über Lieferaufträge, bei denen mehr als 50 %
des Warenanteils aus nicht am Europäischen Wirtschaftsraum oder gegenseitigen
Marktzugangsvereinbarungen teilnehmenden Drittländern stammen. Das OLG Brandenburg habe in einer
kürzlichen Entscheidung darauf hingewiesen, dass es sich bei dieser Regelung um eine handelspolitisch
motivierte Ausnahme vom vergaberechtlichen Diskriminierungsverbot handele (Beschluss vom 02.06.2002,
19 Verg 1/20). Der Anwendungsbereich der Regelung sei jedoch gering, da sie nur für Warenlieferungen,
nicht jedoch für Dienstleistungen gelte. Um marktverzerrenden, subventionierten Angeboten aus
Drittstaaten entgegenzuwirken, habe die Europäische Union ein Weißbuch zu Drittstaatensubventionen
veröffentlicht. Dieses sehe unter anderem eine Meldepflicht für solche Bieter vor, die innerhalb eines
bestimmten Zeitraums Subventionen aus einem Drittstaat erhalten hätten. Darüber verfolge die
Europäische Union ein Gesetzgebungsverfahren, das die Einführung eines International Procurement
Instrument vorsehe. Dessen Ziel sei es, Drittlandsmärkte für europäische Wettbewerber zu öffnen.
Abschließend geben die Autoren zu bedenken, dass die im Weißbuch vorgesehene Überwachung nicht
mit dem Vorhaben des International Procurement Instrument kompatibel sein könnte. Darüber hinaus
bestehe die Gefahr einer unnötigen Verkomplizierung vergaberechtlicher Regelungen.
Rezensent
Rezension abgeschlossen
nein

Das Vergabeverfahren im Licht der HOAI 2021

Autor
Horn, Lutz
Hofmann, Heiko
Normen
§ 76 I VgV
§ 58 II 3 VgV
§ 60 VgV
Gerichtsentscheidung
EuGH ECLI:EU:C:2019:562 = NZBau 2019, 511 = NJW 2019, 2529
OLG Celle NZBau 2020, 35 = NJW 2019, 3593
OLG Hamm NZBau 2020, 102 = NJW 2020, 247
BGHZ 225, 297 = NZBau 2020, 447 = NJW 2020
Heft
4
Jahr
2021
Seite(n)
237-239
Titeldaten
  • Horn, Lutz; Hofmann, Heiko
  • NZBau - Neue Zeitschrift für Bau- und Vergaberecht
  • Heft 4/2021
    S.237-239
Zusätzliche Informationen:
Aufsatz

§ 76 I VgV, § 58 II 3 VgV, § 60 VgV

EuGH ECLI:EU:C:2019:562 = NZBau 2019, 511 = NJW 2019, 2529, OLG Celle NZBau 2020, 35 = NJW 2019, 3593, OLG Hamm NZBau 2020, 102 = NJW 2020, 247, BGHZ 225, 297 = NZBau 2020, 447 = NJW 2020

Elias Könsgen, Gasunie Deutschland Transport Services GmbH, Hannover
Abstract
Die Autoren nehmen das Inkrafttreten der novellierten HOAI 2021 sowie die neueste Rechtsprechung des
EuGH zur HOAI 2013 zum Anlass, die jeweiligen Auswirkungen auf das Vergaberecht zu analysieren. Als
Ausgangspunkt dient die Entscheidung des EuGH, dass die in der HOAI 2013 verbindlich festgelegten
Mindest- und Höchstsätze für Architekten- und Ingenieurleistungen gegen die Dienstleistungsrichtlinie
2006/123/EG verstoßen. Zunächst beleuchten die Autoren die Historie der HOAI von den Anfängen in den
1950er Jahren bis hin zu dem von der EU-Kommission im Jahr 2015 eingeleiteten
Vertragsverletzungsverfahren. Die Konsequenzen der Entscheidung des EuGH vom 04.07.2019
(ECLI:EU:C:2019:562) werden übersichtlich dargestellt. Hierbei wird ein Fokus auf die Wirkungen auf
Altverträge gelegt. Die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte hierzu wird zusammengefasst. Ein
wesentlicher Teil des Beitrags beschäftigt sich sodann mit der Frage, welche Auswirkungen die
dargestellten Entwicklungen auf die Vergabe von Planungsleistungen und insbesondere auf das
Zuschlagskriterium Preis haben. Die Autoren vertreten vor dem Hintergrund des neu gefassten § 76 VgV
die Ansicht, dass der Preis zukünftig auch jenseits von 50 % gewichtet werden dürfe. Die neu eröffneten
Möglichkeiten von Pauschal- und Festpreisen werden besprochen. Die Autoren beleuchten zudem die
Möglichkeit von sogenannten Auf- und Abpreisungsmodellen. Denkbar ist nach Ansicht der Autoren auch
ein völliger Verzicht auf einen Preiswettbewerb. Rechtsfragen der HOAI 2021 im Zusammenspiel mit § 60
VgV (Preisprüfung) werden dargestellt. Der Beitrag schließt mit einem kurzen Ausblick.
Rezensent
Rezension abgeschlossen
ja

Die Überarbeitung der VOB/B – ein Zwischenstand

Autor
Janssen, Reinhard
Fischer, Dagmar
Normen
§ 650b BGB
Heft
4
Jahr
2021
Seite(n)
219-222
Titeldaten
  • Janssen, Reinhard; Fischer, Dagmar
  • NZBau - Neue Zeitschrift für Bau- und Vergaberecht
  • Heft 4/2021
    S.219-222
Zusätzliche Informationen:
Aufsatz

§ 650b BGB

Dr. Stephen Lampert, Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, München
Abstract
Der Beitrag gibt einen Überblick über den aktuellen Entwurfsstand einer überarbeiteten VOB/B (BMIEntwurf).
Im Mittelpunkt des Entwurfs stehe die Anpassung an die §§ 650a ff BGB und den gestärkten
Kooperationsgedanken mit der Zielrichtung praxisgerechtere Lösungen zu regeln, als die das BGB
bereitstellt. Dafür soll das unmittelbare Anordnungsrecht des Bestellers in abgeschwächter Form (aber
stärker als im BGB) erhalten bleiben. Eine sofortige Befolgungspflicht besteht künftig grundsätzlich nur
noch bei Eilbedürftigkeit (§ 1 Abs. 4 VOB/B-Entwurf) oder bei Scheitern der Verhandlungen über die Mehroder
Mindervergütung. Die Nachtragsvergütung wird anhand der tatsächlich erforderlichen Kosten
errechnet, flankiert mit Vermutungsregelungen. Neu ist auch eine Regelung zu den Kostenfolgen von
Bauzeitverlängerungen. Der Entwurf sei innerhalb des DVA umstritten und habe großen Diskussionsbedarf
ausgelöst, sodass aus Sicht der Verfasser derzeit offen ist, wann mit einer geänderten VOB/B gerechnet
werden kann.

Der Entwurf sei innerhalb des DVA umstritten und habe großen Diskussionsbedarf ausgelöst, so dass aus Sicht der Verfasser derzeit offen ist, wann mit einer geänderten VOB/B gerechnet werden kann.
Rezensent
Rezension abgeschlossen
ja

Kick-backs bei der Vergabe öffentlicher Aufträge

Autor
Portner, David
Heft
1
Jahr
2021
Seite(n)
1-8
Titeldaten
  • Portner, David
  • Heft 1/2021
    S.1-8
Zusätzliche Informationen:
Aufsatz

Dr. Martin Dieckmann, ESCHE SCHÜMANN COMMICHAU, Hamburg
Abstract
Der Beitrag befasst sich mit den vergaberechtlichen Schwachstellen und der Funktion des Strafrechts bei
der Bekämpfung sog. Kick-Backs, also von Zuwendungen des Bieters an einen Bediensteten des
öffentlichen Auftraggebers als Gegenleistung für die Auftragserteilung, diese indirekt finanziert aus der
Vergütung, die der Auftraggeber an das Unternehmen leistet. Nach einer Beschreibung des Problemfeldes
und der Darstellung der Aktualität und Relevanz der Thematik geht der Autor auf vergaberechtliche
Regelungsdefizite und durch das aktuelle Vergaberecht begünstigte bzw. eröffnete „Einfallstore" ein (z.B.
im Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb oder im Rahmen der Leistungsbeschreibung). Er
konstatiert des Weiteren das Fehlen adäquater vergaberechtlicher Sanktionen, insbesondere wegen der
Ausgestaltung des Tatbestandes des § 124 Abs. 1 Nr. 4 GWB lediglich als fakultativen Ausschlussgrund.
Vor diesem Hintergrund wird die Rolle des Strafrechts als Instrument zur Bekämpfung von „Kick-Backs"
näher beleuchtet, wobei der Untreuetatbestand und seine Anwendung in der Rechtsprechung des BGH im
Vordergrund stehen. Diese wird im Einzelnen analysiert und auch verfassungsrechtlich bewertet. De lege
ferenda werden u.a. Vorschläge zur Schärfung des vergaberechtlichen Instrumentariums unterbreitet,
darunter eine Ausweitung der ex-ante-Transparenzpflicht nach § 135 Abs. 3 GWB, die Schaffung eines
Akteneinsichtsrechts für die Zeit nach Zuschlagserteilung, die Ergänzung der Unwirksamkeitstatbestände
des § 135 GWB um Fälle strafrechtlicher Verfehlungen und personell-organisatorische Maßnahmen auf
Auftraggeberseite (z.B. Normierung eines Vier-Augen-Prinzips).
Rezensent
Rezension abgeschlossen
ja

Corona, Homeoffice und die (sachliche) Unabhängigkeit der Vergabekammermitglieder

Autor
Weißmann, Volker
Heft
6
Jahr
2021
Seite(n)
240-243
Titeldaten
  • Weißmann, Volker
  • NZBau - Neue Zeitschrift für Bau- und Vergaberecht
  • Heft 6/2021
    S.240-243
Zusätzliche Informationen:
Aufsatz

Ahdia Waezi , FPS Fritze Wicke Seelig Partnerschaftsgesellschaft von Rechtsanwälten , Berlin
Abstract
Der Autor beschäftigt sich anlässlich der Corona-Pandemie und der damit verbundenen steigenden
Akzeptanz von Homeoffice, die Arbeitnehmern im Hinblick auf die Wahl ihres Arbeitsortes eine weitaus
größere Flexibilität bietet, mit der Frage, ob diese Änderung der Arbeitsweise nicht viel mehr und weitaus
besser mit der in § 157 Abs. 4 2 GWB gesetzlich garantierten Unabhängigkeit der
Vergabekammermitglieder im Einklang steht als die vor der Pandemie geltenden Regelungen aus den
Dienstvereinbarungen, die beispielsweise die Tätigkeit vor Ort in der Behörde sowie die Einhaltung
bestimmter (Service-)Zeiten vorsahen. In diesem Zusammenhang untersucht der Autor, ob und
gegebenenfalls inwieweit die im GWB festgelegte Unabhängigkeit der Vergabekammermitglieder durch
entsprechende behördeninterne Regelungen, die bestimmte Vorgaben hinsichtlich des Ortes und der
Zeiten der Tätigkeit treffen, in unzulässiger Weise tangiert wird. Zur Klärung dieser Frage beleuchtet er in
einem ersten Schritt die in § 157 Abs. 1 GWB geregelte institutionelle Unabhängigkeit der
Vergabekammern. Hierbei stellt er fest, dass der Gesetzgeber den Mitgliedern der Vergabekammer
korrespondierend mit der von BGH und BSG angenommenen gerichtsähnlichen Stellung der
Vergabekammern als Institution zumindest eine richterähnliche Unabhängigkeit eingeräumt hat und die
gesetzlich in § 157 Abs. 4 2 GWB verankerte richterähnliche Unabhängigkeit zu beachten ist. Zudem hebt
der Autor hervor, was im Allgemeinen die Unabhängigkeit des Richters in seiner alltäglichen Arbeit
ausmacht und worin die Unterschiede im Vergleich zur herkömmlichen Verwaltungstätigkeit liegen.
Hierfür zitiert er Ausführungen des BGH aus dem Urteil vom 16.11.1990, in dem dieser in seiner Funktion
als Dienstgericht des Bundes darüber zu entscheiden hatte, ob durch die Einführung einer gleitenden
Arbeitszeit die den Mitgliedern des Bundesrechnungshofs über Art. 114 Abs. 2 1 GG garantierte richterliche
Unabhängigkeit verletzt wird. Als Fazit stellt der Autor fest, dass sich die Frage, ob behördeninterne
Dienstvereinbarungen/-anweisungen usw., die die Tätigkeit der hauptamtlichen
Vergabekammermitglieder vor Ort in der Behörde sowie die Einhaltung bestimmter (Service-)Zeiten
vorsehen, mit § 157 Abs. 4 2 GWB vereinbar sind, dahingehend beantworten lässt, dass solche Regelungen
die bundesgesetzlich garantierte Unabhängigkeit der hauptamtlichen Vergabekammermitglieder
tatsächlich in unzulässiger Weise berühren. Aus Gründen der Klarstellung sei eine Ergänzung des § 157
Abs. 4 GWB durch den Gesetzgeber in der Weise, dass in einem weiteren Satz 3 bestimmt wird, dass Art.
97 GG entsprechend gilt, erforderlich. Dies würde noch besser der Vorgabe aus der Rechtsmittelrichtlinie,
wonach „die gleichen Regelungen wie für Richter“ zu gelten habe, entsprechen.
Rezensent
Rezension abgeschlossen
ja

The Development and Critical Junctures of EU Public Procurement Rules Vis-à-Vis the Prevention of Bid Rigging

Autor
Giosa, Penelope
Heft
1
Jahr
2021
Seite(n)
39-50
Titeldaten
  • Giosa, Penelope
  • EPPPL - European Public Private Partnership Law
  • Heft 1/2021
    S.39-50
Zusätzliche Informationen:
Aufsatz

Ahdia Waezi , FPS Fritze Wicke Seelig Partnerschaftsgesellschaft von Rechtsanwälten , Berlin
Abstract
Dieser Artikel hat die Entwicklung sowie kritische Punkte in Bezug auf die EU-Vergaberegelungen vis-à-vis
der Verhinderung von Angebotsmanipulationen/Angebotsabsprachen zum Thema. Die Autorin ist der
Ansicht, dass hinreichende Regelungen zur Verhinderung von Angebotsabsprachen seitens der Bieter
weder systematisch noch konsequent in die EU-Vergaberegeln eingeflossen sind. Darüber hinaus stellt sie
fest, dass die entsprechenden Aspekte der EU-Vergaberegeln zu Angebotsabsprachen nicht parallel zur
Anti-Kartell-Gesetzgebung in Europa entstanden sind, sondern völlig unabhängig von diesen. In ihrem
Aufsatz beschäftigt sich die Autorin unter anderem intensiv mit den früheren Vergaberegelungen und geht
der Frage nach, ob Kartelle und speziell das Problem von Angebotsabsprachen in den frühen Vorschriften
erwähnt wurden und ob das öffentliche Beschaffungswesen in die frühe EU-Antikartellgesetzgebung
Eingang fand. Zusammenfassend stellt sie unter anderem fest, dass die Richtlinie 2014/24/EU in erster
Linie geschaffen wurde, um das Verhalten von Auftraggebern und weniger das der Bieter zu regulieren,
sodass dem Problem von Angebotsmanipulationen folglich kaum Beachtung geschenkt worden sei. All
diese Aspekte hätten zur Folge, dass die aktuelle Richtlinie 2014/24/EU in Bezug auf die Verhinderung von
Angebotsabsprachen nicht hinreichend rechtssicher ausgestaltet worden ist und noch ein weiter Weg zu
gehen ist, um diesem Problem hinreichend Rechnung zu tragen.
Rezensent
Rezension abgeschlossen
ja

Kein „per se-Ausschluss“ von Null-Euro-Angeboten

Autor
Hattig,Oliver
Oest,Tobias
Normen
Art. 2 Abs. 1 Nr. 5 und Art. 69 RL 2014/24/EU
Gerichtsentscheidung
EuGH, Urt. vom 10.09.2020 - C-367/19
Heft
1
Jahr
2021
Seite(n)
243-246
Titeldaten
  • Hattig,Oliver ; Oest,Tobias
  • NZBau - Neue Zeitschrift für Bau- und Vergaberecht
  • Heft 1/2021
    S.243-246
Zusätzliche Informationen:
Aufsatz

Art. 2 Abs. 1 Nr. 5 und Art. 69 RL 2014/24/EU

EuGH, Urt. vom 10.09.2020 - C-367/19

Silke Renner, AOK-Bundesverband, Berlin
Abstract
In ihrem Aufsatz erläutern die Autoren eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zur Frage, ob ein
Null-Euro-Angebot, das für die zu erbringende Dienstleistung vom öffentlichen Auftraggeber keine
Gegenleistung verlangt, auszuschließen ist. In dem vom EuGH zu beurteilenden Sachverhalt führte das
slowenische Innenministerium ein Vergabeverfahren über einen Auftrag für den Zugang zu einem
Rechtsinformationssystem für einen Zeitraum von 24 Monaten durch, bei dem der geschätzte Auftragswert
knapp unter 40.000 Euro netto lag. Das Angebot des Unternehmens Tax-Fin-Lex d.o.o. sah einen Endpreis
von null Euro vor, weshalb der Auftraggeber es vom Vergabeverfahren ausschloss. Der Antrag des Bieters
auf Überprüfung der Entscheidung mit dem er vortrug, sich von dem Auftrag Zugang zu einem neuen
Markt, die Gewinnung neuer Nutzer und entsprechende Referenzen zu versprechen, wurde vom
Auftraggeber abgelehnt und an die Staatliche Kommission für die Überprüfung von Verfahren zur Vergabe
öffentlicher Aufträge verwiesen, die den Fall dem EuGH vorlegte. Sie hatte Zweifel an der Entgeltlichkeit
des Vertragsverhältnisses und stellte daher die Frage, ob das Merkmal eines öffentlichen Auftrags im Sinne
von Art. 2 Abs. 1 Nr. 5 RL 2014/24/EU erfüllt sei und ob die Norm eine Grundlage für die Ablehnung eines
Angebotes mit einem Angebotspreis von null Euro darstelle. In Slowenien besteht die Besonderheit, dass
der Gesetzgeber in das nationale Vergaberecht die Definition des „öffentlichen Auftrags“ aus Art. 2 Abs. 1
Nr. 5 RL 2014/24/EU übernommen hat, weshalb der EuGH seine Zuständigkeit bejahte. Er sah den
Anwendungsbereich der EU-Richtlinie als eröffnet an. Wie sich aus Art 1 Abs. 1 RL 2014/24/EU ergebe, gilt
die Richtlinie für „öffentliche Aufträge“ im Sinne ihres Art. 2 Abs. 1 Nr. 5 RL 2014/24/EU, deren geschätzter
Wert nicht unter den in Art. 4 der Richtlinie genannten Schwellenwerten liegt. Mit der Öffnung des
sachlichen Anwendungsbereichs durch Erreichen oder Überschreiten der jeweiligen Schwellenwerte ist das
Vergaberecht der Richtlinie zu beachten. Fallen die abgegebenen Angebote im sich anschließenden
Verfahren geringer als die Schätzung aus, unterschreiten sie den Schwellenwert oder sehen sie – wie in
dem entschiedenen Fall – überhaupt keine Gegenleistung vor, kann hierdurch die einmal begründete
sachliche Anwendbarkeit der Richtlinie nicht entfallen. Auch aus anderen Gründen kann ein „Null-Euro“-
Angebot nicht ohne Weiteres ausgeschlossen werden. Es fehlt hierfür an einer Rechtsgrundlage. Vielmehr
ist eine Aufklärung von „Null-Euro-Angeboten“ auf der Grundlage von Art. 69 RL 2014/24/EU erforderlich.
Der betreffende Bieter sei daher zu Erläuterungen zur Höhe des Angebots gemäß Art. 69 Abs. 1 RL
2014/24/EU aufzufordern, wobei sich diese Erläuterungen insbesondere auf die in Absatz 2 dieses Artikels
genannten Punkte beziehen könnten. Diese Erläuterungen trügen zur Bewertung der Verlässlichkeit des
Angebots bei und ermöglichten den Nachweis, dass sich der Preis von null Euro nicht auf die
ordnungsgemäße Ausführung des Auftrags auswirken werde. Nach Art. 69 Abs. 3 RL 2014/24/EU müsse
der öffentliche Auftraggeber nämlich die beigebrachten Informationen mittels einer Rücksprache mit dem
Bieter bewerten und er könne ein solches Angebot nur ablehnen, wenn die beigebrachten Nachweise
den/die ungewöhnlich niedrigen Preis/e bzw. Kosten nicht zufriedenstellend erklärten. Der EuGH hat über
diese Frage im vorliegen Fall letztlich nicht selbst entschieden, sondern eine Entscheidung dem nationalen
Gericht überlassen. Die Autoren halten den Ausschluss des Bieters aufgrund der Besonderheiten des
Sachverhalts nicht für zwingend. Sie gehen in ihrer Besprechung noch auf weitere Punkte zur
Entgeltlichkeit eines öffentlichen Auftrags ein.
In Slowenien besteht die Besonderheit, dass der Gesetzgeber in das nationale Vergaberecht die Definition des „öffentlichen Auftrags“ aus Art. 2 Abs. 1 Nr. 5 RL 2014/24/EU übernommen hat, weshalb der EuGH seine Zuständigkeit bejahte.
Er sah den Anwendungsbereich der EU-Richtlinie als eröffnet an. Wie sich aus Art 1 Abs. 1 RL 2014/24/EU ergebe, gilt die Richtlinie für „öffentliche Aufträge“ im Sinne ihres Art. 2 Abs. 1 Nr. 5 RL 2014/24/EU, deren geschätzter Wert nicht unter den in Art. 4 der Richtlinie genannten Schwellenwerten liegt. Mit der Öffnung des sachlichen Anwendungsbereichs durch Erreichen oder Überschreiten der jeweiligen Schwellenwerte ist das Vergaberecht der Richtlinie zu beachten. Fallen die abgegebenen Angebote im sich anschließenden Verfahren geringer als die Schätzung aus, unterschreiten sie den Schwellenwert oder sehen sie – wie in dem entschiedenen Fall – überhaupt keine Gegenleistung vor, kann hierdurch die einmal begründete sachliche Anwendbarkeit der Richtlinie nicht entfallen.
Auch aus anderen Gründen kann ein „Null-Euro“-Angebot nicht ohne Weiteres ausgeschlossen werden. Es fehlt hierfür an einer Rechtsgrundlage. Vielmehr ist eine Aufklärung von „Null-Euro-Angeboten“ auf der Grundlage von Art 69 RL 2014/24/EU erforderlich. Der betreffende Bieter sei daher zu Erläuterungen zur Höhe des Angebots gemäß Art. 69 I RL 2014/24/EU aufzufordern, wobei sich diese Erläuterungen insbesondere auf die in Absatz 2 dieses Artikels genannten Punkte beziehen könnten. Diese Erläuterungen trügen zur Bewertung der Verlässlichkeit des Angebots bei und ermöglichten den Nachweis, dass sich der Preis von null Euro nicht auf die ordnungsgemäße Ausführung des Auftrags auswirken werde. Nach Art. 69 III RL 2014/24/EU müsse der öffentliche Auftraggeber nämlich die beigebrachten Informationen mittels einer Rücksprache mit dem Bieter bewerten und er könne ein solches Angebot nur ablehnen, wenn die beigebrachten Nachweise den/die ungewöhnlich niedrigen Preis/e bzw. Kosten nicht zufriedenstellend erklärten. Der EuGH hat über diese Frage im vorliegen Fall letztlich nicht selbst entschieden, sondern eine Entscheidung dem nationalen Gericht überlassen. Die Autoren halten den Ausschluss des Bieters aufgrund der Besonderheiten des Sachverhalts nicht für zwingend. Sie gehen in ihrer Besprechung noch auf weitere Punkte zur Entgeltlichkeit eines öffentlichen Auftrags ein, die den Aufsatz ebenfalls lesenswert machen.
Rezensent
Rezension abgeschlossen
ja